„Wer ein Problem hat, sollte nicht Antworten sammeln, sondern Fragen“, rät Wirtschaftspsychologe Carl Naughton.
„Wer ein Problem hat, sollte nicht Antworten sammeln, sondern Fragen“, rät Wirtschaftspsychologe Carl Naughton. © die-marquardts.com
Carl Naughton

„Zukunfts­mut ist eine Ant­wort auf Unge­wiss­heit“

Um in unsicheren Zeiten zurechtzukommen, braucht es eine ge­hörige Portion Zukunftsmut, ist Wirtschaftspsychologe Carl Naughton überzeugt.

15.01.2025 16:00 von Ines Tebenszky
Lesezeit 5 Minuten

Zukunfts­mut lässt sich trai­nie­ren, weiß Wirt­schafts­psy­cho­lo­ge Carl Naugh­ton.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Aktu­ell sind die Men­schen mit sehr viel Unsi­cher­heit auf unter­schied­li­chen Ebe­nen kon­fron­tiert. Wie wirkt sich das aus?

Carl Naugh­ton: Die Men­schen wer­den natür­lich auch unsi­che­rer. Es gibt vier Dimen­sio­nen des Unge­wis­sen, in denen wir uns fra­gen: Was pas­siert hier? Wie wird’s? Wel­che Kon­se­quen­zen hat das? Was kann ich tun?

Wie geht man damit um?

Man muss sich fra­gen: „Wel­che Fähig­kei­ten brau­che ich, um dem zu begeg­nen?“ Eine Inven­tur der eige­nen Fähig­kei­ten wird viel zu sel­ten gemacht. Auf die Fra­ge „Was kann ich gut?“ fällt es einem leicht, die Top 3 zu benen­nen, danach wird es aber schon schwie­ri­ger. Ein Bei­spiel: Ich hal­te sehr vie­le Vor­trä­ge und auf ein­mal wur­den die alle abge­sagt. Mei­ne Fähig­keit war plötz­lich nichts mehr wert. In so einer Situa­ti­on war­ten dann vie­le, bis es vor­bei ist. Ich habe mich aber gefragt: Was kann ich noch, was die Leu­te brau­chen? Ich bin aus­ge­bil­de­ter Schau­spie­ler und Wirt­schafts­psy­cho­lo­ge und habe dann ange­fan­gen, ande­re Leu­te für ihren Auf­tritt vor der Kame­ra zu coa­chen. Damit habe ich mehr Arbeit als je zuvor.

Wel­che Rol­le spielt dabei der „Zukunfts­mut“ – ein Begriff, den Sie geprägt haben?

Der Zukunfts­mut ist eine unse­rer Ant­wor­ten auf die Unge­wiss­heit. Es ist ein Begriff dafür, was in der Psy­cho­lo­gie etwas sper­rig als „psy­cho­lo­gi­sches Kapi­tal“ bezeich­net wird. Der Zukunfts­mut hat vier Dimen­sio­nen: die Zuver­sicht, die Wider­stands­fä­hig­keit, die Selbst­wirk­sam­keit und den rea­lis­ti­schen Opti­mis­mus.

Eine Inven­tur der eige­nen Fähig­kei­ten wird viel zu sel­ten gemacht.Zitat Ende

Carl Naugh­ton

Wirt­schafts­psy­cho­lo­ge

Wie wird man zukunfts­mu­tig?

Zukunfts­mut kann man trai­nie­ren, indem man die­se vier Dimen­sio­nen bestärkt. Um zuver­sicht­li­cher zu wer­den, muss man den Men­schen bei­brin­gen, in Alter­na­ti­ven zu den­ken. Man soll sich nicht nur auf Plan A ver­las­sen, son­dern auch in Plan B bis E den­ken, denn falls ein Plan schief­geht, hat man sofort eine Alter­na­ti­ve zur Hand. Um die Wider­stands­kraft zu stär­ken, also die Fähig­keit sich auf­zu­rap­peln, wenn man auf dem Holz­weg war, gibt es drei ein­fa­che Schrit­te, durch die man lernt, mit Rück­schlä­gen bes­ser umzu­ge­hen: 1. Stop­pen und atmen, das beru­higt. 2. Benen­nen. Man muss dem Kind einen Namen geben, das schafft Distanz und fährt die nega­ti­ve Ener­gie zurück. 3. Neu­be­wer­tung. Was neh­me ich für das nächs­te Mal mit?

Was kön­nen Füh­rungs­kräf­te tun, um die Selbst­wirk­sam­keit der Mit­ar­bei­ter zu stär­ken?

Füh­rungs­kräf­te müs­sen sich die Fra­ge stel­len, wie oft sie ihrem Team gesagt haben, dass sie genau die rich­ti­gen Skills haben, um die Auf­ga­be zu meis­tern. Die Bestär­kung muss natür­lich wahr­heits­ge­mäß sein und unauf­ge­for­dert kom­men. Denn so stei­gert man die Leis­tungs­be­reit­schaft und erhöht das Enga­ge­ment.

Was hat es mit dem rea­lis­ti­schen Opti­mis­mus auf sich?

Das betrifft die Art, wie wir uns die Din­ge erklä­ren. Ich kann ent­we­der davon aus­ge­hen, dass es an mir liegt, dass ein Pro­jekt gut gelau­fen ist, oder es dem Zufall zuschrei­ben. Wenn wir aber den opti­mis­ti­schen Erklä­rungs­stil wäh­len, so liegt es an mir, weil ich gut vor­be­rei­tet war und der Erfolg kein Zufalls­pro­dukt ist, son­dern etwas, das ich wei­ter­füh­ren kann.

Wel­che Rol­le spielt die Neu­gier für den Zukunfts­mut?

Die Neu­gier ist der Treib­stoff für das Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment, weil man sie braucht, um ein Pro­blem lösen zu wol­len. Damit wird sie zur Part­ne­rin des Zukunfts­muts. Wer neu­gie­rig ist, hat mehr Ideen. Um sie umzu­set­zen, braucht es Zukunfts­mut. Die­se bei­den Eigen­schaf­ten sind grund­sätz­lich in jedem von uns da, aber unter­schied­lich stark aus­ge­prägt.

Kann man auch die Neu­gier trai­nie­ren?

Ja, indem man Fra­gen sam­melt, das macht den Kopf auf. Wer also ein Pro­blem hat, soll­te nicht die Ant­wor­ten sam­meln, son­dern die Fra­gen. Die Fra­gen sind wie­der­um die Kern­an­trei­ber der Neu­gier.

Zur Per­son
  • Carl Naugh­ton ist aus­ge­bil­de­ter Schau­spie­ler, pro­mo­vier­ter Lin­gu­ist und Wirt­schafts­psy­cho­lo­ge.
  • Er hat zehn Jah­re an der Uni­ver­si­tät Köln geforscht und gelehrt.
  • Heu­te ver­mit­telt er pra­xis­nah wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Erkennt­nis­se. Sei­ne For­schungs­the­men sind die Neu­gier, der Zukunfts­mut, Zuver­sicht und Posi­ti­vi­ty.
  • Sein Wis­sen gibt er auch in Büchern wei­ter.
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