„Zukunftsmut ist eine Antwort auf Ungewissheit“
Um in unsicheren Zeiten zurechtzukommen, braucht es eine gehörige Portion Zukunftsmut, ist Wirtschaftspsychologe Carl Naughton überzeugt.
Zukunftsmut lässt sich trainieren, weiß Wirtschaftspsychologe Carl Naughton.
„Kärntner Wirtschaft“: Aktuell sind die Menschen mit sehr viel Unsicherheit auf unterschiedlichen Ebenen konfrontiert. Wie wirkt sich das aus?
Carl Naughton: Die Menschen werden natürlich auch unsicherer. Es gibt vier Dimensionen des Ungewissen, in denen wir uns fragen: Was passiert hier? Wie wird’s? Welche Konsequenzen hat das? Was kann ich tun?
Wie geht man damit um?
Man muss sich fragen: „Welche Fähigkeiten brauche ich, um dem zu begegnen?“ Eine Inventur der eigenen Fähigkeiten wird viel zu selten gemacht. Auf die Frage „Was kann ich gut?“ fällt es einem leicht, die Top 3 zu benennen, danach wird es aber schon schwieriger. Ein Beispiel: Ich halte sehr viele Vorträge und auf einmal wurden die alle abgesagt. Meine Fähigkeit war plötzlich nichts mehr wert. In so einer Situation warten dann viele, bis es vorbei ist. Ich habe mich aber gefragt: Was kann ich noch, was die Leute brauchen? Ich bin ausgebildeter Schauspieler und Wirtschaftspsychologe und habe dann angefangen, andere Leute für ihren Auftritt vor der Kamera zu coachen. Damit habe ich mehr Arbeit als je zuvor.
Welche Rolle spielt dabei der „Zukunftsmut“ – ein Begriff, den Sie geprägt haben?
Der Zukunftsmut ist eine unserer Antworten auf die Ungewissheit. Es ist ein Begriff dafür, was in der Psychologie etwas sperrig als „psychologisches Kapital“ bezeichnet wird. Der Zukunftsmut hat vier Dimensionen: die Zuversicht, die Widerstandsfähigkeit, die Selbstwirksamkeit und den realistischen Optimismus.
Eine Inventur der eigenen Fähigkeiten wird viel zu selten gemacht.
Carl Naughton
WirtschaftspsychologeWie wird man zukunftsmutig?
Zukunftsmut kann man trainieren, indem man diese vier Dimensionen bestärkt. Um zuversichtlicher zu werden, muss man den Menschen beibringen, in Alternativen zu denken. Man soll sich nicht nur auf Plan A verlassen, sondern auch in Plan B bis E denken, denn falls ein Plan schiefgeht, hat man sofort eine Alternative zur Hand. Um die Widerstandskraft zu stärken, also die Fähigkeit sich aufzurappeln, wenn man auf dem Holzweg war, gibt es drei einfache Schritte, durch die man lernt, mit Rückschlägen besser umzugehen: 1. Stoppen und atmen, das beruhigt. 2. Benennen. Man muss dem Kind einen Namen geben, das schafft Distanz und fährt die negative Energie zurück. 3. Neubewertung. Was nehme ich für das nächste Mal mit?
Was können Führungskräfte tun, um die Selbstwirksamkeit der Mitarbeiter zu stärken?
Führungskräfte müssen sich die Frage stellen, wie oft sie ihrem Team gesagt haben, dass sie genau die richtigen Skills haben, um die Aufgabe zu meistern. Die Bestärkung muss natürlich wahrheitsgemäß sein und unaufgefordert kommen. Denn so steigert man die Leistungsbereitschaft und erhöht das Engagement.
Was hat es mit dem realistischen Optimismus auf sich?
Das betrifft die Art, wie wir uns die Dinge erklären. Ich kann entweder davon ausgehen, dass es an mir liegt, dass ein Projekt gut gelaufen ist, oder es dem Zufall zuschreiben. Wenn wir aber den optimistischen Erklärungsstil wählen, so liegt es an mir, weil ich gut vorbereitet war und der Erfolg kein Zufallsprodukt ist, sondern etwas, das ich weiterführen kann.
Welche Rolle spielt die Neugier für den Zukunftsmut?
Die Neugier ist der Treibstoff für das Innovationsmanagement, weil man sie braucht, um ein Problem lösen zu wollen. Damit wird sie zur Partnerin des Zukunftsmuts. Wer neugierig ist, hat mehr Ideen. Um sie umzusetzen, braucht es Zukunftsmut. Diese beiden Eigenschaften sind grundsätzlich in jedem von uns da, aber unterschiedlich stark ausgeprägt.
Kann man auch die Neugier trainieren?
Ja, indem man Fragen sammelt, das macht den Kopf auf. Wer also ein Problem hat, sollte nicht die Antworten sammeln, sondern die Fragen. Die Fragen sind wiederum die Kernantreiber der Neugier.
- Carl Naughton ist ausgebildeter Schauspieler, promovierter Linguist und Wirtschaftspsychologe.
- Er hat zehn Jahre an der Universität Köln geforscht und gelehrt.
- Heute vermittelt er praxisnah wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse. Seine Forschungsthemen sind die Neugier, der Zukunftsmut, Zuversicht und Positivity.
- Sein Wissen gibt er auch in Büchern weiter.