„Wer dem Glück
nachjagt, der verjagt es“
Geld macht nicht glücklich. Aber Glück wirkt sich durchaus positiv auf die Gesundheit und ein langes Leben aus. Mit Universitätsprofessor und Buchautor Anton Bucher auf den Spuren des Glücks.
„Kärntner Wirtschaft“: Wie wirkt sich Glücklichsein auf die Gesundheit aus?
Anton Bucher: Wir alle wollen glücklich sein und dürfen auch oft glücklich sein im Leben. Dieses Glückserleben kann unser Immunsystem stärken, uns aktiver, tatkräftiger und für andere Menschen ansprechender und sympathischer machen. Personen, die häufig angenehme Emotionen erleben, fühlen sich in der Regel auch weniger gestresst und haben weniger Cortisol, also Stresshormone, im Blut. Zudem haben sie nachweislich eine höhere Lebenserwartung.
Unterscheidet sich Glück von Zufriedenheit?
Das wird unterschiedlich gesehen. Für mich ist Zufriedenheit etwas Stärkeres, Kognitives. Wenn ich am Jahresende Bilanz ziehe, kann ich zufrieden sein. Zufriedenheit ist vielfach länger anhaltend, wogegen das wirklich intensive Glück in der Regel viel kürzer und intensiver ist. Vor Zufriedenheit kann man nicht weinen. Im tiefsten Glückserleben wie bei der Geburt eines Kindes schon. Das Glück gehört zu den Gefühlen und ist damit etwas Persönliches und Subjektives.
Darüber hinaus unterscheiden Sie zwei Arten von Glück?
Es gibt das hedonistische Glück, das Genussglück, also das konsumierte Glück, und das andere ist das eudämonistische Glück, das auf Artistoteles zurückgeht. Dieses Glück besteht darin, ein freier Mensch zu sein, sich verwirklichen zu können, soziale Kontakte zu pflegen und sich nützlich in die Gesellschaft einzubringen. Das ist ein anspruchsvolleres Glück als das hedonistische Glück. Das eine kommt von innen, das andere von außen.
Wovon hängt das Glück ab?
Das Glückserleben ist in etwa zu 50 Prozent genetisch bedingt und hängt nur in einem kleinen Ausmaß von den persönlichen Lebensumständen ab. Aber es wird zu einem Drittel oder mehr von dem beeinflusst, was wir tun. Aktive Menschen sind in der Regel glücklichere Menschen. Ich halte nichts davon, dem Glück nachzujagen. Wer dem Glück nachjagt, der verjagt es.
„Eine der beglückendsten Erfahrungen ist ein ehrlich gemeintes Danke eines anderen Menschen.“
Anton Bucher
Universitätsprofessor, Autor, TheologeWas löst denn Glücksgefühle aus?
Es gibt verschiedene Glücksquellen. Es kann Bewegung sein, soziale Begegnungen, Musik, Feiern, Landschaften, Naturerlebnisse. Wir leben letztendlich in einem solchen Reichtum, dass es schier unendlich viele Glücksquellen gibt. Wir kommen nur in den Flow, wenn wir etwas selber tun. Wenig ist beglückender als sich auf einen Stuhl zu setzen, den man selber gezimmert hat.
Ein wichtiger Aspekt für Selbstständige …
Ja, und in diesem Zusammenhang hat man auch herausgefunden, dass sich Selbstständige, auch wenn sie oftmals mehr Sorgen haben, glücklicher schätzen als normale Angestellte.
Welche Rolle spielt die Dankbarkeit beim Glück?
Momentan ist es sehr beliebt, ein Dankbarkeitstagebuch zu schreiben. Wir dürfen auch für vieles dankbar sein – für jeden Herzschlag und jeden Sonnenstrahl. Was aber vielleicht oft vergessen wird ist, dass man nicht nur dankbar ist für die Dinge, die einem selbst passieren, sondern auch für die Mitmenschen – und dass man das in irgendeiner Form ausdrückt. In einer unserer Untersuchungen haben Personen geschildert, dass es zu ihren glücklichsten Erfahrungen zählt, wenn ihnen jemand anders aus tiefstem Herzen Danke sagt.
Macht Geld glücklich?
Nur bedingt. Aus Experimenten weiß man, wenn Geld für andere gespendet wird, macht das Menschen glücklicher als wenn sie selber mehr bekommen.
Anton Bucher, geboren 1960 in der Schweiz, studierte Theologie und habilitierte im Fach Religionspädagogik und Erziehungswissenschaften. Heute ist er unter anderem Universitätsprofessor für Religionspädagogik im Fachbereich Praktische Theologie an der Universität Salzburg. Eines seiner Bücher ist „Psychologie des Glücks“, erschienen im Belz-Verlag, in dem er die neuesten Erkenntnisse der Glücksforschung anschaulich beschreibt. In seiner Freizeit bewegt sich der Vater von sechs Kindern gerne an der frischen Luft. Im vergangenen Jahr wanderte er von Salzburg nach Luzern in 13 Tagen.