Daniel Jäger und Roman Rutter, JR Baumeisterbüro, Schiefling/See und Völkermarkt.
Daniel Jäger und Roman Rutter, JR Baumeisterbüro, Schiefling/See und Völkermarkt. © KK
Zukunft des Bauens

Unter­neh­mer spre­chen über die Zukunft des Bau­ens

Trotz der herausfordernden Zeiten machen sich Unternehmen Gedanken über nachhaltigere Lösungen und setzen innovative Ideen um.

12.09.2024 10:04 - Update am: 12.09.2024 10:42 von Anita Arneitz
Lesezeit 8 Minuten

Der Green Deal der Euro­päi­schen Uni­on sorgt in der Bau­wirt­schaft für ein Umden­ken. Bis 2025 soll in Euro­pa Kli­ma­neu­tra­li­tät herr­schen. Bis 2030 will man eine Treib­haus­gas-Reduk­ti­on von min­des­tens 55 Pro­zent gegen­über 1999 errei­chen. Für die Bau­wirt­schaft bedeu­tet das einen stär­ke­ren Fokus auf Kreis­lauf­wirt­schaft, ganz­heit­li­che Pla­nung von Pro­jek­ten, die Ver­wen­dung von nach­hal­ti­gen Bau­stof­fen, Ener­gie­ef­fi­zi­enz von Gebäu­den sowie bes­se­re Däm­mung und Wär­me­schutz.

Neue Lösun­gen sind gefragt

In die­sem Sin­ne wird auch in Kärn­ten an neu­en Lösun­gen gear­bei­tet. Dazu zäh­len etwa Fas­sa­den, die Strom erzeu­gen oder Kom­bi­na­tio­nen mit Holz, die nach der Nut­zung leich­ter recy­celt und wie­der­ver­wen­det wer­den kön­nen. Spe­zi­ell beim soge­nann­ten zir­ku­lä­ren Bau­en gibt es bereits eini­ge Vor­zei­ge­bei­spie­le, die nach der Nut­zung sinn­voll rück- oder umge­baut wer­den. Beim „urban mining“ wer­den Gebäu­de in den Städ­ten als wert­vol­les Mate­ri­al­la­ger gese­hen. Dabei wird auf kur­ze Trans­port­we­ge von Mate­ria­li­en geach­tet. Trotz all die­ser Initia­ti­ven, steht die Bau­wirt­schaft im Gro­ßen und Gan­zen erst am Anfang einer Kreis­lauf­wirt­schaft.

Kos­ten als Hemm­schuh

Ein Hemm­schuh sind nach wie vor die Kos­ten, vor allem im Wohn­bau. „Nicht jeder kann sich im Haus­bau am Ende des Tages noch eine Pho­to­vol­ta­ik- und Solar­an­la­ge, Lehm­putz, Voll­wär­me­schutz aus Mine­ral­wol­le oder Hanf leis­ten“, berich­ten die Bau­meis­ter Dani­el Jäger und Roman Rut­ter. Aber es gebe ein­fa­che Metho­den, um Nach­hal­tig­keit an die Kun­den zu brin­gen, zum Bei­spiel mit Luft­wär­me- oder Erd­wär­me­pum­pen. „Wir kön­nen Kun­den nur in Rich­tung Nach­hal­tig­keit bera­ten, ent­schei­den muss der Kun­de letzt­end­lich selbst.“

Nach­hal­tig­keit bau­en ist viel­sei­tig

Nach­hal­tig­keit in der Bau­wirt­schaft hat vie­le Dimen­sio­nen: eine öko­lo­gi­sche, öko­no­mi­sche und auch eine sozia­le. Unter­neh­men arbei­ten inten­siv dar­an, um sich als attrak­ti­ver Arbeit­ge­ber zu posi­tio­nie­ren. Sie bau­en in unsi­che­ren Zei­ten sogar Mit­ar­bei­ter auf wie Chris­tof Weis­sen­seer von Weis­sen­seer Holz-Sys­tem-Bau: „Im Holz­bau haben wir eine sta­bi­le Auf­trags­la­ge und ich den­ke, da wird wie­der ein Auf­schwung kom­men. Daher inves­tie­ren wir anti­zy­klisch und bau­en jetzt Leu­te auf.“

Stim­men aus der Wirt­schaft

„Der Holz­bau tut sich mit Nach­hal­tig­keit leicht“

„Mit Holz haben wir bereits vor 100 Jah­ren auf das rich­ti­ge Pferd gesetzt und sind heu­te stark im Wohn­bau tätig. Mit unse­rem aut­ar­ken Büro­pro­jekt in Frei­stadt haben wir heu­er den Tri­gos in Kärn­ten gewon­nen. Es kommt nicht nur auf das Bau­ma­te­ri­al, son­dern auf eine ganz­heit­li­che Pla­nung an. Wie kann man im Holz­bau Ver­bin­dun­gen schaf­fen, die wie­der leicht getrennt wer­den kön­nen? Wohin kom­men Elek­tro­lei­tun­gen, um sie ohne gro­ßen Auf­wand tau­schen zu kön­nen? Wie kön­nen Räu­me nach­ge­nützt wer­den? Mit den Stan­dard­raum­hö­hen ist man hier ein­ge­schränkt. Hin­ge­gen kön­nen die Grün­der­zeit­häu­ser in Wien mit einer Raum­hö­he von 3,5 Meter heu­te als Woh­nung, Büro oder Geschäfts­lo­kal ver­wen­det wer­den. Auch unse­ren Flä­chen­be­darf pro Per­son soll­ten wir über­den­ken. Brau­chen wir wirk­lich so vie­le Qua­drat­me­ter pro Kopf?“

Chris­tof Weis­sen­seer

„Nicht auf die sozia­le Nach­hal­tig­keit ver­ges­sen“

„Als Bau­trä­ger ist uns sozia­le Nach­hal­tig­keit wich­tig. Die Men­schen müs­sen sich in den Gebäu­den wohl­füh­len und brau­chen Räu­me, in denen sie sich tref­fen kön­nen wie im gemein­sa­men Dach­gar­ten mit Out­door­kü­che. Um nach­hal­ti­ge Wohn­pro­jek­te finan­zier­bar zu machen, braucht es ent­spre­chen­de Ände­run­gen in Raum­pla­nung und Infra­struk­tur. Mit Tief­ga­ra­gen hat man CO2 in der Erde gebun­den. Nach­hal­ti­ger wären Hoch­ga­ra­gen, die man schritt­wei­se in Woh­nun­gen oder Büros rück­bau­en kann. Statt mit Kli­ma­an­la­gen küh­len wir mit Beton­kern­ak­ti­vie­rung in der Decke. Auch das alters­ge­rech­te Bau­en oder betreu­tes Woh­nen wird noch zu wenig berück­sich­tigt. Nach­hal­ti­ges Bau­en ist mit höhe­ren Kos­ten ver­bun­den, es muss ver­stärkt ein Bewusst­sein für die Lebens­zy­klus­kos­ten ver­mit­telt wer­den, die neben Bau- und Kauf­kos­ten, auch Erhal­tung, Betriebs­kos­ten sowie Sanie­rung umfas­sen.“

Micha­el Schnit­zer und Dani­el Bednar­zek

„Fas­sa­den mit Pho­to­vol­ta­ik gestal­ten“

„Moder­nes Bau­en heißt, mehr als ener­gie­ef­fi­zi­en­te Gebäu­de zu rea­li­sie­ren. Zeit­ge­mä­ße Archi­tek­tur ver­langt Stan­dards beim Design und Gestal­tungs­frei­heit, die sich nur mit moderns­ten Tech­no­lo­gien umset­zen las­sen. Bes­tes Bei­spiel ist unse­re Pho­to­vol­ta­ik-Fas­sa­de, die eine nach­hal­ti­ge Lösung für die Fas­sa­den­ge­stal­tung, Ener­gie­ge­win­nung und Recy­cling­fä­hig­keit ist. Als nach­hal­ti­ges Unter­neh­men bezie­hen wir Kun­den in unse­re Stra­te­gie ein und sind uns auch unse­rer Ver­ant­wor­tung als Arbeit­ge­ber bewusst. Gera­de in einer Zeit der Kri­se und Unsi­cher­heit sind moti­vier­te und gut aus­ge­bil­de­te Mit­ar­bei­ter ein zen­tra­ler Erfolgs­fak­tor. So haben wir unse­re Unter­neh­mens­kul­tur ste­tig wei­ter­ent­wi­ckelt, um ein Arbeits­um­feld zum Wohl­füh­len zu schaf­fen.“

Wal­ter Wie­den­bau­er

„Nach­hal­tig­keit gewinnt an Bedeu­tung“

„Unser Schwer­punkt liegt in der Bau­be­glei­tung, Pla­nung, Bau­ko­or­di­na­ti­on und Pro­jekt­lei­tung für Ein­fa­mi­li­en­häu­ser und klei­ne­re Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser. Nach­hal­tig­keit bekommt eine immer grö­ße­re Bedeu­tung. Roh­stof­fe wer­den weni­ger und auch Nor­men sowie Richt­li­ni­en wei­sen bereits dar­auf hin. Durch die Digi­ta­li­sie­rung und ganz­heit­li­che Pla­nung kön­nen wir im Vorn­hin­ein unnüt­zen Roh­stoff­ver­brauch ver­mei­den. Unse­re Büros sind zum Bei­spiel in Mas­siv­bau­wei­se und in Leicht­bau­wei­se gebaut, mit Mine­ral­wol­le gedämmt, geheizt wird mit Luft­wär­me­pum­pe und für die Strom­erzeu­gung ver­wen­den wir Pho­to­vol­ta­ik.“

Dani­el Jäger und Roman Rut­ter
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Die­ser Arti­kel ist in Aus­ga­be 17/24  erschie­nen.
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