Pilot Philip Keil konnte einen Flugzeugabsturz verhindern – mit Entscheidungen kennt er sich aus.
Pilot Philip Keil konnte einen Flugzeugabsturz verhindern – mit Entscheidungen kennt er sich aus. © KK/Philip Keil
Philip Keil

„Unter­neh­men brau­chen auch einen Flug­plan“

Wie es gelingen kann, in turbulenten Zeiten Entscheidungen zu treffen, verrät Pilot Philip Keil.

19.10.2024 12:58 - Update am: 24.10.2024 07:04 von Claudia Blasi
Lesezeit 5 Minuten

35.000 Ent­schei­dun­gen tref­fen wir täg­lich, 90 Pro­zent auto­ma­ti­siert, doch eini­ge rau­ben uns den Schlaf. Wie es den­noch gelin­gen kann, in tur­bu­len­ten Zei­ten Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, ver­rät Pilot Phil­ip Keil.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Pilo­ten müs­sen bei Tur­bu­len­zen rasch reagie­ren. Was ver­eint Unter­neh­mer und Pilo­ten?

Phil­ip Keil: Über den Wol­ken gel­ten die glei­chen Geset­ze wie im Unter­neh­mens­cock­pit. Wird es schwie­rig, kön­nen wir nicht rechts ran­fah­ren und die Lage bespre­chen – es muss sofort eine Ent­schei­dung getrof­fen wer­den. Das ist eine gro­ße Ver­ant­wor­tung und gelingt sicher­lich bes­ser mit einer guten Crew.

Wel­che Zuta­ten braucht eine gute Ent­schei­dung?

Auch wenn im Cock­pit alle Warn­lich­ter bren­nen, lau­tet das obers­te Prin­zip: „Fly the air­craft first“ – egal was pas­siert, sta­bi­li­sie­re das Flug­zeug. Bei der Suche nach dem Feh­ler nut­ze dein Team. Das ist ent­schei­dend und gibt Auf­schluss dar­über, wie ich eine Sache sehe und wel­ches Bild ande­re davon haben. Wenn dann alle Zah­len, Daten und Fak­ten auf dem Tisch lie­gen, kommt es letzt­lich dar­auf an, was mir mein Gefühl sagt. Je schwie­ri­ger die Ent­schei­dung, des­to mehr Mut und Ver­trau­en sind gefor­dert.

Was ist der größ­te Feh­ler, den man machen kann, wenn es dar­um geht, eine Ent­schei­dung zu tref­fen?

Aus Angst vor einem Feh­ler kei­ne Ent­schei­dung zu tref­fen, ist sicher­lich der größ­te Feh­ler.

Philip-Keil-Interview-Turbine-Pilot-Flugzeug © KK/Philip Keil

Kei­ne Ent­schei­dung zu tref­fen, ist der größ­te Feh­ler, den man machen kann.Zitat Ende

Phil­ip Keil

Pilot und Key­note-Spea­k­er

Wor­auf ist bei beson­ders schwie­ri­gen Ent­schei­dun­gen zu ach­ten?

Pilo­ten trai­nie­ren schwie­ri­ge Manö­ver in einem Simu­la­tor, damit sie nicht unvor­be­rei­tet in eine gro­ße Her­aus­for­de­rung schlit­tern. Das könn­ten auch Unter­neh­men machen: Sich bereits im Vor­feld über­le­gen, was wären mei­ne Worst-Case-Sze­na­ri­en und was mache ich dann. Es hilft enorm, eine Check­lis­te zu erstel­len, nach der man im Ernst­fall vor­geht. Unter Stress feh­len die Ori­en­tie­rung und der Fokus und auch die Trag­wei­te einer Ent­schei­dung ist unge­wiss. Daher ist es enorm wich­tig, vor­be­rei­tet und immer einen Schritt vor­aus zu sein.

Was tun, wenn sich her­aus­stellt, dass eine Ent­schei­dung falsch wahr?

Man trifft eine Ent­schei­dung ja zu einem gewis­sen Zeit­punkt unter bestimm­ten Umstän­den. Ist ein Ent­schluss gefasst, der sich als falsch her­aus­stellt, soll­te man nicht ewig in den Rück­spie­gel bli­cken und damit wert­vol­le Zeit ver­lie­ren. Viel wich­ti­ger ist es, Feh­ler offen anzu­spre­chen und aus ihnen zu ler­nen, damit sie sich nicht wie­der­ho­len. Eine Fehl­ent­schei­dung hat sprich­wört­lich noch nie zu einem Absturz geführt, son­dern immer Feh­ler­ket­ten. Und man kann nach­jus­tie­ren.

Was bringt es, dar­auf zu war­ten, dass sich Pro­ble­me von allei­ne lösen und so Ent­schei­dun­gen zu umge­hen?

Gar nichts. Man kann sich nicht im Tages­ge­schäft ver­ste­cken und offen­sicht­li­che, drin­gen­de Ent­schei­dun­gen igno­rie­ren. Es geht ganz klar dar­um, die Situa­ti­on zu ana­ly­sie­ren, unter­schied­li­che Sicht­wei­sen ein­zu­ho­len, Prio­ri­tä­ten zu set­zen und letz­ten Endes zu ent­schei­den.

Wer­den Ent­schei­dun­gen allein oder im Team getrof­fen?

Man muss nicht alles allei­ne steu­ern. Nach jedem Flug tau­schen Kapi­tän und Co-Pilot die Rol­len. Der, der fliegt, macht die Ansa­gen und hat die Ver­ant­wor­tung, kennt aber genau die Auf­ga­ben des ande­ren. Auch in einem Unter­neh­men ist es sinn­voll, als Füh­rungs­kraft ein Men­tor für sei­ne Mit­ar­bei­ter zu sein, sie bei Ent­schei­dun­gen mit­ein­zu­be­zie­hen, doch am Ende die Ver­ant­wor­tung zu tra­gen.

Sie spre­chen im Novem­ber beim Frau­en­wirt­schafts­fo­rum in Vel­den. Ent­schei­den Frau­en anders als Män­ner?

Das kann ich nicht bean­wor­ten. Was ich aber aus eige­ner Erfah­rung sagen kann ist, dass diver­se Teams bes­se­re Ent­schei­dun­gen tref­fen, auch im Cock­pit.

Zur Per­son
  • Phil­ip Keil (43) absol­vier­te 2001 das Abitur und star­te­te als Pilot, Key­note-Spea­k­er und Autor durch.
  • Zu sei­nen The­men­schwer­punk­ten zäh­len Chan­ge-Manage­ment, Füh­rung, Kom­mu­ni­ka­ti­on, Feh­ler­kul­tur und Team­work.
  • Seit über zwei Jahr­zehn­ten bereist er die Welt.
  • Der Fix­punkt in sei­nem Leben sind sei­ne Fami­lie und die bay­ri­sche Hei­mat.
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