Polens Wirtschaft
auf Wachstumskurs
Seit dem EU-Beitritt 2004 verzeichnet Polen das höchste Wirtschaftswachstum aller EU-Länder – das BIP ist um 110 Prozent gestiegen.
Dank optimaler Nutzung von EU-Förderungen und einer beständigen Wirtschaftspolitik ist Polen heute die sechstgrößte Volkswirtschaft der EU und ein attraktiver Markt für Investoren. Welche Erfolgsfaktoren und Potenziale ergeben sich daraus für österreichische Unternehmen? Christian Lassnig, Wirtschaftsdelegierter AußenwirtschaftsCenter Warschau, im Interview.
Polens Wirtschaft läuft allen anderen davon. Warum?
Christian Lassnig: Polen hat seit dem EU-Beitritt 2004 akkumuliert das höchste Wirtschaftswachstum aller EU-Länder aufzuweisen, insgesamt wuchs das BIP um 110 Prozent. Die Wirtschaftspolitik war in all diesen Jahren, egal welche politische Konstellation an der Regierung war, höchst erfolgreich. Das Land hat die höchsten Volumina an EU-Förderungen erhalten, diese Förderungen aber auch sehr gut und erfolgreich eingesetzt. Mittlerweile ist Polen die sechstgrößte Volkswirtschaft in der EU, für Österreich der viertwichtigste Exportmarkt in der EU und auch als Investitionsstandort äußerst attraktiv. Das Wirtschaftswachstum wird auch in den nächsten vier Jahren jeweils mehr als drei Prozent betragen.
Welche Marktzugänge und Vertriebswege sind aus heutiger Sicht in Polen am erfolgversprechendsten?
In Polen gab es schon vor der Wende erste Liberalisierungen für private Unternehmen. Mittlerweile hat sich eine starke eigenständige Wirtschaftsstruktur gebildet. Zahlreiche Importfirmen vertreten die Interessen österreichischer Firmen in Polen höchst professionell. Die Zeiten, eigene Vertriebsniederlassungen gründen zu müssen, weil diese Strukturen noch nicht ausgebildet waren, sind lange vorbei. Im B2C Bereich bietet Polen im Onlinehandel eine Besonderheit, denn nicht Amazon ist die Nummer Eins, sondern das polnische Onlineportal Allegro. Aufgrund der Nähe zu Österreich und die guten Verkehrsanbindungen ist der direkte Vertrieb natürlich auch möglich.
Stichwort Umweltpolitik. Polen will in den nächsten Jahren viele Projekte im Bereich GreenTech, Kreislaufwirtschaft und Erneuerbare Energien umsetzen. Wie sehen Sie hier die Marktchancen für österreichische Unternehmen, welches Know-how ist besonders gefragt?
Tatsächlich ist dieser Bereich einer mit großem Aufholbedarf in Polen. So werden noch mehr als 60 Prozent der Stromproduktion mit Kohle bestritten. Unter den erneuerbaren Energiequellen ist Wind an erster Stelle, PV und — in geringerem Ausmaß — Biogas und Biomasse gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Wasserkraft spielt in der Energiespeicherung eine Rolle. Polen ist einer der größten Märkte für Wärmepumpen in der EU, die Haushalte springen direkt von Kohleheizungen zu dieser Technologie und PV. Polen ist der zweitgrößte Produzent von Batterien weltweit. Die Chancen sind in diesem Markt mit knapp 40 Millionen immer wohlhabender werdenden Einwohnern in jedem Segment der Nachhaltigkeit in großem Ausmaß vorhanden.