Peter Hajek, Politikwissenschaftler, Markt- und ­Meinungsforscher, sprach beim Frühlingsempfang der Kärntner Immobilienexperten über das heurige Superwahljahr.
Peter Hajek, Politikwissenschaftler, Markt- und ­Meinungsforscher, sprach beim Frühlingsempfang der Kärntner Immobilienexperten über das heurige Superwahljahr. © Peter Just
Peter Hajek

„Es wer­den mehr Par­tei­en im Par­la­ment“

Europawahl und Nationalratswahl stehen vor der Türe: Politologe und Meinungsforscher Peter Hajek spricht über die Stimmung im Land und die Themen, die die Menschen beschäftigen.

05.06.2024 07:25 - Update am: 11.06.2024 09:43 von Anita Arneitz
Lesezeit 4 Minuten

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Wie ist die Stim­mung in Öster­reich im Super­wahl­jahr?

Peter Hajek: Die Stim­mung im Land ist eigent­lich nicht gut. Die Men­schen sind sehr kri­tisch was die Arbeit der Bun­des­re­gie­rung anbe­langt. Das ist bis zu einem gewis­sen Grad nicht ganz nach­voll­zieh­bar, denn trotz allem steht Öster­reich sehr gut da. Es gibt natür­lich Pro­ble­me wie eine erhöh­te Infla­ti­ons­ra­te, aber auf der ande­ren Sei­te hat man einen Arbeit­neh­mer­markt und die Ener­gie­prei­se haben sich sta­bi­li­siert. Wir nei­gen in Öster­reich eher dazu, das Glas halb leer als halb voll zu sehen.

Wel­che Aus­wir­kun­gen hat das auf die kom­men­den Wah­len?

Auf­grund die­ser Unzu­frie­den­heit gibt es auch neue Grup­pie­run­gen, die in Öster­reich zur Wahl antre­ten wer­den, zum Bei­spiel die Lis­te Bier hat gute Chan­cen in den Natio­nal­rat ein­zu­zie­hen. Alle neu­en Grup­pie­run­gen sind ein Aus­druck der Unzu­frie­den­heit im Land und das wird sich bei der Natio­nal­rats­wahl im Herbst wahr­schein­lich so dar­stel­len, dass wir ein Sechs- oder Sie­ben-Par­tei­en-Par­la­ment haben. Das hat­ten wir in Öster­reich noch nie.

Wie wirkt sich das auf die Wirt­schaft aus?

Poli­tik und Wirt­schaft bedin­gen sich gegen­sei­tig. Das Pro­blem ist aber, man kann es meis­tens nicht allen recht machen. Die Poli­tik gibt die Rah­men­be­din­gun­gen vor und die Wirt­schaft ver­sucht ­natür­lich, ihre Inter­es­sen durch­zu­set­zen. Des­halb sind auch die Euro­pa­par­la­ments­wah­len für die export­ori­en­tier­te öster­rei­chi­sche Wirt­schaft von Bedeu­tung, weil vie­le Geset­ze auf euro­päi­scher Ebe­ne gestal­tet wer­den. Hei­mi­sche Betrie­be haben durch­aus die Sor­ge, im inter­na­tio­na­len Wett­be­werb zurück­zu­blei­ben.

Wel­che The­men ­bewe­gen die Men­schen aktu­ell?

Es gibt fünf The­men, die die Men­schen schon län­ge­re Zeit bewe­gen: Asyl und Migra­ti­on, Gesund­heit und das bereits vor Coro­na, Teue­rung, Woh­nen sowie Kli­ma­wan­del und Umwelt­schutz als Gene­ra­ti­ons­the­ma, das nicht mehr weg­ge­hen wird. Die­se The­men machen den Wahl­kampf aus.

Wenn man auf inno­va­ti­ve Schrit­te der Poli­tik war­tet, war­tet man meis­tens sehr lang.Zitat Ende

Peter Hajek

Poli­to­lo­ge und Mei­nungs­for­scher

Mit die­sen The­men las­sen sich die Men­schen abho­len?

Ja, eigent­lich ist es rela­tiv sim­pel. Aber der Unter­schied zwi­schen Poli­tik und Wirt­schaft bezo­gen auf die Markt- und Mei­nungs­for­schung ist jener, dass Unter­neh­men viel mehr auf die Markt­for­scher hören als poli­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen. Am Ende des Tages müs­sen bei­de die The­men der Men­schen erken­nen und ihnen dafür Lösun­gen anbie­ten. Dar­in sind nicht alle Par­tei­en in Öster­reich gleich gut.

Sie sind auch selbst­stän­dig. Wel­che Rah­men­be­din­gun­gen müss­ten ver­bes­sert ­wer­den?

Das ist sehr bran­chen­ab­hän­gig. Aber etwas, was auch mich in der Wer­bung und Marktb­kom­mu­ni­ka­ti­on betrifft, sind die Per­so­nal­kos­ten. Die Lohn­ne­ben­kos­ten blei­ben ein The­ma.

Was geben Sie ande­ren Selbst­stän­di­gen mit auf dem Weg?

Ver­las­sen Sie sich nicht auf die Poli­tik, schrei­ten Sie vor­an und machen Sie das Bes­te für Unter­neh­men, das heißt, schau­en Sie, dass Sie mit den Rah­men­be­din­gun­gen gut arbei­ten kön­nen. Wenn man auf inno­va­ti­ve Schrit­te der Poli­tik war­tet, war­tet man meis­tens sehr lang. Als Wäh­ler wäh­len Sie nicht tak­tisch, son­dern wäh­len Sie immer das, von dem Sie wirk­lich über­zeugt sind. Selbst wenn es das kleins­te gerings­te Übel ist.

Zur Per­son

Peter Hajek, gebo­ren 1971, stu­dier­te Poli­tik­wis­sen­schaft und Geschich­te an der Uni­ver­si­tät Wien, absol­vier­te den Hoch­schul­lehr­gang Markt- und Mei­nungs­for­schung sowie das Dok­to­rats­stu­di­um Poli­tik­wis­sen­schaft. Beruf­lich wid­me­te er sich von Beginn an der Markt- und Mei­nungs­for­schung, 2007 grün­de­te er sein eig­nes Unter­neh­men. Zudem lehrt er an ver­schie­de­nen Hoch­schu­len. 2014 wur­de er wis­sen­schaft­li­cher Lei­ter und Mit­ei­gen­tü­mer der Uni­que Rese­arch. Außer­dem ist er wöchent­lich in einer Poli­tik-Show im TV zu sehen. In sei­ner Frei­zeit ist Hajek beken­nen­der Rapid-Fan und geht in Wien ger­ne ins Thea­ter.

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Die­ser Arti­kel ist in Aus­ga­be 11/24 erschie­nen.
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