Astrid Steharnig-Staudinger lässt ihre Erfahrungen aus der Selbstständigkeit in ihre aktuelle Position einfließen.
Astrid Steharnig-Staudinger lässt ihre Erfahrungen aus der Selbstständigkeit in ihre aktuelle Position einfließen. © ÖW/Pamela Rußmann
Astrid Steharnig-Staudinger

„Nicht nur mehr, son­dern die rich­ti­gen Gäs­te“

Österreich-Werbung-Chefin Astrid Steharnig-Staudinger über wachsende Wertschöpfung, Strategien gegen Overtourism und Folgen des Klimawandels.

30.08.2024 07:44 von Klaus Höfler
Lesezeit 5 Minuten

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: In Mal­lor­ca demons­triert die Bevöl­ke­rung gegen Mas­sen­tou­ris­mus, Vene­dig kas­siert von Urlau­bern Ein­tritt, Hall­statt lei­det unter „Over­tou­rism“. Ver­ste­hen Sie den Unmut?

Astrid Steh­ar­nig-Stau­din­ger: Es geht nur mit­ein­an­der. Die Bevöl­ke­rung muss bei wesent­li­chen Ent­schei­dun­gen ein­ge­bun­den wer­den und sie muss auch arti­ku­lie­ren dür­fen, wenn sich etwas in eine fal­sche Rich­tung ent­wi­ckelt.

Vie­ler­orts ist der Tou­ris­mus aber auch wich­ti­ger bis ein­zi­ger Aus­lö­ser, damit sich wirt­schaft­lich etwas entwick­elt. Wie ist die­ser Spa­gat zu schaf­fen?

Es muss Ver­ständ­nis her­ge­stellt wer­den, dass der Tou­ris­mus in eini­gen Regio­nen der Wert­schöp­fungs­brin­ger schlecht­hin ist. Die kom­ple­xen Zusam­men­hän­ge sind viel­leicht nicht für jeden ver­ständ­lich. Da sehe ich Auf­hol­be­darf. Und für Phä­no­me­ne wie Staus bei der Anrei­se oder Stoß­zei­ten mit sehr vie­len Men­schen an einem Ort gibt es Lösun­gen, an denen die Regio­nen mit allen Part­nern arbei­ten müs­sen.

Kann Digi­ta­li­sie­rung hel­fen, „Over­tou­rism“ in den Griff zu bekom­men?

Die Nut­zung von Daten kann durch­aus zum Schlüs­sel wer­den und ist es in eini­gen Pilot­pro­jek­ten bereits. Ein inter­es­san­tes Bei­spiel ist das Pro­jekt beim Schle­geis-Stau­see im Zil­ler­tal. Dort konn­te auf Grund der Daten­la­ge die Tak­tung der Bus­li­nie opti­miert wer­den, um die Gefahr von Staus zu ver­rin­gern.

Astrid-Steharnig-Staudinger © ÖW/Pamela Ruß­mann

Men­schen ver­zich­ten eher auf ande­re Din­ge.Zitat Ende

Astrid Steh­ar­nig-Stau­din­ger

Geschäfts­füh­re­rin der Öster­reich Wer­bung

Sind Regio­nen offen dafür, Daten ihrer Gäs­te unter­ein­an­der aus­zu­tau­schen?

Die Offen­heit von Regio­nen hängt von ver­schie­de­nen Fak­to­ren ab: Ein wesent­li­cher Aspekt ist die Ein­hal­tung euro­päi­scher Wer­te wie Daten­schutz und Daten­sou­ve­rä­ni­tät. Daten­räu­me wie unser „Tou­rism Data Space“ sind ein effek­ti­ves Mit­tel, um Daten­sou­ve­rä­ni­tät zu gewähr­leis­ten. Sie bie­ten eine siche­re, kon­trol­lier­te und trans­pa­ren­te Umge­bung für einen – nie per­so­nen­be­zo­ge­nen – Aus­tausch von Daten. Teil­neh­mer kön­nen die Nut­zung ihrer Daten zwi­schen ver­schie­de­nen Sys­te­men steu­ern und ermög­li­chen die Ein­hal­tung gesetz­li­cher Vor­ga­ben.

Wie passt das Stre­ben nach immer mehr Gäs­te­an­künf­ten und ‑über­nach­tun­gen mit Nach­hal­tig­keit zusam­men?

Wir stre­ben nicht nach mehr Gäs­ten, son­dern nach den rich­ti­gen. Wir spre­chen sie in unse­ren ins­ge­samt 27 Ziel­märk­ten mit ent­spre­chen­den The­men an, etwa Kuli­na­rik oder Kul­tur und för­dern damit Qua­li­täts­tou­ris­mus und eben nicht Mas­sen­tou­ris­mus. Es geht um die Wert­schöp­fungs­stei­ge­rung, die im bes­ten Fall mit weni­ger Men­schen gene­riert wird. Wir wol­len jeden­falls eine der nach­hal­tigs­ten Tourismus­destinationen der Welt blei­ben.

Läuft Öster­reich Gefahr, als Tou­ris­mus­de­sti­na­ti­on zu teu­er zu wer­den?

Nicht nur unse­re Land­schaft ist viel­fäl­tig, auch die Ange­bo­te der Betrie­be sind es. Grund­sätz­lich ist unser Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis im Ver­gleich zu Konkurrenz­ländern sehr gut und es gibt in Öster­reich Ange­bo­te für jede Geld­bör­se, sei es bei den Unter­künf­ten oder bei den Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten.

Den­noch ist Öster­reich kei­ne „Bil­lig­des­ti­na­ti­on“. Par­al­lel schwä­chelt Deutsch­land als wich­tigs­ter Aus­lands­markt der­zeit wirt­schaft­lich. Befürch­ten Sie Aus­wir­kun­gen?

Unse­re aktu­el­le Som­mer­po­ten­zi­al­stu­die pro­gnos­ti­ziert, dass wir aus Deutsch­land eine soli­de – und im Ver­gleich zum Vor­jahr sogar leicht stei­gen­de – Nach­fra­ge erwar­ten kön­nen. Dane­ben ist ­Rei­sen eines der wich­tigs­ten ­Kon­sum­gü­ter. Men­schen ver­zich­ten eher auf ande­re Din­ge. Das bedeu­tet für uns, dass wir eben ein pas­sen­des Ange­bot für jede Art von Nach­fra­ge bie­ten müs­sen.

Zur Per­son
  • Astrid Steh­ar­nig-Stau­din­ger ist seit Mai 2023 Geschäfts­füh­re­rin der Öster­reich Wer­bung.
  • Die gebür­ti­ge Kärnt­ne­rin war an der Tou­ris­mus­schu­le in Vil­lach.
  • Sie hat Inter­na­tio­na­le Betriebs­wirt­schaft an der FH Eisen­stadt stu­diert und war Markt­ex­per­tin für Zen­tral-/Süd­ost­eu­ro­pa und Skan­di­na­vi­en bei Wien Tou­ris­mus und Sales­ma­na­ge­rin bei Fal­ken­stei­ner ­Hotels in Kroa­ti­en.
  • 2007 grün­de­te sie die Unter­neh­mens­be­ra­tung „Tourism4you mit Schwer­punkt Koope­ra­ti­ons­ent­wick­lung“.
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