Matthias Lukan, Professor für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht, hielt einen Vortrag bei den Demokratiegesprächen.
Matthias Lukan, Professor für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht, hielt einen Vortrag bei den Demokratiegesprächen. © WKK/Peter Just
Matthias Lukan

Ver­fas­sung
braucht Akzep­tanz

Über die Auswirkungen von Inflation und Klimawandel auf die Demokratie, sprach Matthias Lukan.

02.07.2024 14:48 - Update am: 03.07.2024 13:18 von Birgit Sacherer
Lesezeit 3 Minuten

Mat­thi­as Lukan, Pro­fes­sor für Öffent­li­ches Recht mit Schwer­punkt Ver­wal­tungs­recht, beleuch­te­te bei den Demo­kra­tie­ge­sprä­chen der Volks­wirt­schaft­li­chen Gesell­schaft Kärn­ten, die poli­ti­schen Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels. Lukan beton­te, dass in einer Demo­kra­tie das Volk die Macht hat und durch Wah­len Ent­schei­dun­gen trifft.

„Eine star­ke Demo­kra­tie und eine kla­re Ver­fas­sung bie­ten den Rah­men, um wirk­sa­me Maß­nah­men gegen den Kli­ma­wan­del zu ergrei­fen. Die Ver­fas­sung braucht Akzep­tanz in der Bevöl­ke­rung, da sie die Grund­la­ge der Wil­lens­bil­dung ist. Umso wich­ti­ger ist die Mit­be­stim­mung der Bür­ger, die durch demo­kra­ti­sche Pro­zes­se ihre Anlie­gen ein­brin­gen kön­nen.“

Wie kann die­se Ver­dros­sen­heit über­wun­den wer­den?

Mat­thi­as Lukan: Die Bun­des­ver­fas­sung kennt unter­schied­li­che „Ven­ti­le“, über die die Bevöl­ke­rung ihrer Ver­dros­sen­heit über staat­li­ches Tun oder Unter­las­sen Aus­druck ver­lei­hen kann. Dabei ste­hen aktu­ell zwei Instru­men­te beson­ders im Vor­der­grund – die Ver­samm­lungs­frei­heit bezie­hungs­wei­se das Demons­tra­ti­ons­recht und die Ver­fas­sungs­ge­richts­bar­keit. Die „Letz­te Gene­ra­ti­on“ übt im Rah­men ihrer „Kle­be­ak­tio­nen“ ihr demo­kra­ti­sches Grund­recht der Ver­samm­lungs­frei­heit aus. Den VfGH errei­chen der­zeit – eben­so wie Ver­fas­sungs­ge­rich­te ande­rer Staa­ten und den EGMR – ver­mehrt Kli­ma­kla­gen. Auf­ga­be des VfGH ist es aber eigent­lich nicht, die – offen­bar in der Gesell­schaft so emp­fun­de­ne – Untä­tig­keit des Gesetz­ge­bers in die­sem Bereich aus­zu­glei­chen. Es ist vor allem am Gesetz­ge­ber, aus­rei­chen­de Maß­nah­men gegen den Kli­ma­wan­del zu tref­fen. Es ist scha­de, dass in Euro­pa viel­fach die Ver­fas­sungs­ge­rich­te bzw. EGMR die­se Untä­tig­keit „rügen“ müs­sen.

Was ist die zen­tra­le Bot­schaft ihres Impuls­vor­trags?

Wir ken­nen aus unse­rer eige­nen Geschich­te, dass es für den Fort­be­stand unse­rer reprä­sen­ta­tiv-demo­kra­ti­schen Ver­fas­sung gefähr­lich ist, wenn Demo­kra­tie­ver­dros­sen­heit oder man­geln­des Ver­trau­en in die Leis­tungs- und Pro­blem­lö­sungs­fä­hig­keit einer Ver­fas­sung und ihres Sys­tems Über­hand neh­men. Um das Ver­trau­en in und die Akzep­tanz des B‑VG 1920 war es in der ers­ten Repu­blik zwi­schen den bei­den gro­ßen poli­ti­schen Lagern nicht gut bestellt. Die demo­kra­ti­sche Ver­fas­sung ging in den 1930er-Jah­ren unter. Sie wur­de durch die stän­disch-auto­ri­tä­re Ver­fas­sung ersetzt. Nach dem zwei­ten Welt­krieg bestand hin­ge­gen zwi­schen die­sen Lagern der Wil­le zur Zusam­men­ar­beit. Die Bun­des­ver­fas­sung hat­te ab die­sem Zeit­punkt hohe Akzep­tanz sowohl bei den Poli­ti­kern als auch in der Bevöl­ke­rung. Eine Ver­fas­sung und ihre demo­kra­ti­sche Ord­nung sind auf die­se Akzep­tanz ange­wie­sen.

Demo­kra­tie vs. Infla­ti­on und Kli­ma­wan­del?

Die­se Begrif­fe ste­hen in kei­nem Wider­spruch oder Wider­streit zuein­an­der. Die Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Zeit, ins­be­son­de­re der Infla­ti­on und des Kli­ma­wan­dels kön­nen und müs­sen im Rah­men „unse­res“ demo­kra­ti­schen Sys­tem über­wun­den wer­den.

Zur Per­son

Mat­thi­as Lukan ist Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor für Öffent­li­ches Recht mit Schwer­punkt Ver­wal­tungs­recht. Sei­ne For­schungs­tä­tig­keit über­spannt das Ver­wal­tungs­recht, das Ver­fas­sungs­recht und das Euro­pa­recht. Lukan wur­de im Sep­tem­ber 2022 an der WU Wien die Lehr­be­fug­nis (venia docen­di) für die Fächer „Öffent­li­ches Recht“ und „Euro­pa­recht“ ver­lie­hen. Von Okto­ber 2022 bis Sep­tem­ber 2023 war er am Ver­fas­sungs­ge­richts­hof als Ver­fas­sungs­recht­li­cher Mit­ar­bei­ter tätig. Seit Okto­ber 2023 ist er Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Graz.

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