Als Leiter der ORF-Wetterredaktion ist Marcus Wadsak aus dem Fernsehen bekannt.
Als Leiter der ORF-Wetterredaktion ist Marcus Wadsak aus dem Fernsehen bekannt. © KK/ORF Stars
Marcus Wadsak

„Jetzt nimmt der Kli­ma­wan­del an Fahrt auf“

ORF-Meteorologe Marcus Wadsak erklärt im Interview, warum es wichtig ist, selbst aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun.

13.12.2023 09:19 - Update am: 26.11.2024 09:25 von Anita Arneitz
Lesezeit 5 Minuten

In den ver­gan­ge­nen Mona­ten war Kärn­ten stark von Wet­ter­ex­tre­men betrof­fen. War­um die­se kei­ne Sel­ten­heit mehr sind und wie wich­tig es ist, selbst etwas aktiv gegen den Kli­ma­wan­del zu tun, erklärt ORF-Meteo­ro­lo­ge Mar­cus Wadsak.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Sie beschäf­ti­gen sich schon lan­ge mit dem Kli­ma­wan­del. Was über­rascht Sie denn am meis­ten?

Mar­cus Wadsak: Über­rascht hat mich wenig, weil uns die Wis­sen­schaft seit den 1970er-Jah­ren vor die­sen Ent­wick­lun­gen warnt. Trotz all der Ver­än­de­run­gen wird aber noch immer zu wenig gehan­delt und nicht wirk­lich ver­sucht, das Schlimms­te zu ver­hin­dern. Was letzt­end­lich doch über­rascht, ist, wie dra­ma­tisch schnell der Kli­ma­wan­del jetzt an Fahrt auf­ge­nom­men hat. Die Pro­gno­sen waren eher zu kon­ser­va­tiv.

Wel­che Maß­nah­men wären jetzt am effek­tivs­ten?

Der Aus­stoß von Treib­haus­ga­sen steigt noch immer, auch in Öster­reich. Es gibt Berei­che, in denen die Emis­sio­nen leicht gesenkt wer­den konn­ten, in ande­ren stei­gen sie wei­ter an, zum Bei­spiel im Ver­kehr. Wenn wir in Öster­reich, wo es mög­lich ist, kur­ze Stre­cken zu Fuß oder mit dem Fahr­rad statt mit dem Auto zurück­le­gen, auf Öffis umstei­gen und 100 statt 130 auf der Auto­bahn fah­ren, hät­ten wir wahn­sin­nig viel erreicht.

Glo­bal gese­hen wirkt das den­noch wie ein Trop­fen auf den hei­ßen Stein …

Das ist eine ver­ständ­li­che Reak­ti­on auf etwas, was über­for­dert. Wir erle­ben gera­de Wetter­extreme und jeder schiebt es auf den ande­ren. Öster­reich macht 0,1 Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung aus, hat aber einen Bei­trag von 0,2 Pro­zent an den Emis­sio­nen. Damit sto­ßen wir dop­pelt so viel Treib­hausgase aus wie das glo­ba­le Mit­tel. Jedes Kilo­gramm CO2, das ein­ge­spart wer­den kann, ist wich­tig. Und wir sind nicht allei­ne. Welt­weit kämp­fen Men­schen gegen die Kli­ma­ka­ta­stro­phe an.

Wir müs­sen uns an das neue Wet­ter gewöh­nen und das Kli­ma wie­der sta­bi­li­sie­ren.Zitat Ende

Mar­cus Wadsak

Meteo­ro­lo­ge und Autor

Wel­che neu­en Chan­cen bringt der Kli­ma­wan­del?

Öster­reich kann zu einem Vor­rei­ter wer­den bei neu­en Ener­gie- oder Mobi­li­täts­for­men. Alle, die jetzt an Ver­bren­nungs­mo­to­ren fest­hal­ten, wer­den schei­tern. Sie sind über­holt. Wir müs­sen uns neu­en Din­gen öff­nen. Auch die Indus­trie. Das Bur­gen­land hat früh auf Wind- und Son­nen­en­er­gie gesetzt und ist seit eini­gen Jah­ren strom­aut­ark. Ich bin über­zeugt, dass auch die Indus­trie für die Erzeu­gung von Stahl und Beton neue kli­ma­freund­li­che Pro­duk­ti­ons­ver­fah­ren ent­wi­ckeln könn­te. Sol­che Lösun­gen wären welt­weit gefragt.

Sind die extre­men Unwet­ter in Kärn­ten auch auf den Kli­ma­wan­del zurück­zu­füh­ren?

Ein­deu­tig ja. Obwohl natür­lich nicht jedes Unwet­ter kli­ma­be­dingt ist. Aber durch den Kli­ma­wan­del häu­fen sich Extremwetter­ereignisse. Das Ita­li­en­tief an sich ist nichts Neu­es, aber durch die wär­me­re Atmo­sphä­re gibt es mehr Regen­men­gen – und dar­auf sind wir nicht vor­be­rei­tet.

Wel­che Schutz­maß­nah­men sind sinn­voll?

Wir haben zwei Mög­lich­kei­ten: Zum einen Treib­haus­ga­se und Erwär­mung redu­zie­ren, um unser Kli­ma wie­der zu sta­bi­li­sie­ren. Zurück zum alten Nor­mal geht nicht mehr, wir müs­sen ler­nen damit umzu­ge­hen, dass es zwei Grad mehr sind in Öster­reich. Zum ande­ren kön­nen wir mit Schutz­ein­rich­tun­gen wie mobi­len Däm­men das Schlimms­te ver­hin­dern.

Was kön­nen Betrie­be selbst tun?

Ers­te Schrit­te wären zum Bei­spiel Fahr­ge­mein­schaf­ten, weni­ger Fleisch in der Kan­ti­ne oder Ener­gie spa­ren. Es ist erstaun­lich, wie viel Ener­gie ver­lo­ren geht, wenn Com­pu­ter über Nacht lau­fen oder die Kli­ma­an­la­ge nicht rich­tig ein­ge­stellt wird. Wir sind die ers­te Gene­ra­ti­on, die die Fol­gen des Kli­ma­wan­dels spürt und die letz­te, die etwas dage­gen tun kann.

Zur Per­son
  • Mar­cus Wadsak matu­rier­te 1989 und schloss sein Meteo­ro­lo­gie-Stu­di­um 1997 an der Uni­ver­si­tät Wien ab.
  • Jah­re­lang war er Wet­ter-Anchor im Ö3-Wecker. Seit 2004 mode­riert er das ZIB-Wet­ter.
  • Seit 2012 lei­tet Wadsak die ORF-Wet­ter­re­dak­ti­on und wur­de 2019 zum „Jour­na­lis­ten des Jah­res“ in der Kate­go­rie Wis­sen­schaft gewählt. Er ist Grün­dungs­mit­glied von Cli­ma­te with­out Bor­ders.
  • Im Brau­mül­ler-Ver­lag ver­öf­fent­lich­te er das Buch „Kli­ma­wan­del, Fak­ten gegen Fake & Fic­tion“.
  • Beim Bun­des­tag der Immo­bi­li­en­wirt­schaft in Vel­den hat der Wetter­experte über den Kli­ma­wan­del, Nach­hal­tig­keit und Ener­gie­wen­de gespro­chen.
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