„Gutes Service lebt von guten Begegnungen“
Service-Expertin Sabine Hübner spricht im Interview über Servicequalität.
Unternehmen dürfen Servicequalität nicht dem Zufall überlassen, plädiert Service-Performance-Beraterin Sabine Hübner, sondern permanent an ihrer Service-Haltung arbeiten.
„Kärntner Wirtschaft“: Was macht gutes Service aus?
Sabine Hübner: Gutes Service ist vor allem eines – konsequent. Das heißt, dass ein Kunde oder Gast wiederholt die gleiche Qualität erfährt, unabhängig davon, auf wen er trifft. Das heißt auch, dass Servicequalität kein Zufall sein darf. Zum Service gehört, dass das Unternehmen aus Sicht des Kunden alle Kontaktpunkte durchdenkt und sich fragt, wie man das Leben einfacher, besser oder schöner machen kann. Dafür ist es hilfreich, nicht mehr in Zielgruppen, sondern in Anlässen zu denken, weil die gleichen Personen je nach Anlass anders ticken. Was gutes Service ausmacht, sind im Kern zwei Dinge: zum einen die Prozesse oder Abläufe und zum anderen die Begegnungen.
Wie kommt man vom Service zum Serviceglück?
Serviceglück entsteht dann, wenn es Mensch-Momente gibt, also Begegnungen, die im Kopf bleiben. Wir erleben ja meist mehr dieser Mensch-Momente als uns bewusst ist. Ein Beispiel: Ich ging eines Tages in eine Düsseldorfer Bäckerei. Als ich eintrat, spielte laut 80er-Jahre-Musik und der Bäcker sang mit Freude mit. Was habe ich getan? Ich habe mitgesungen. Das war so ein Mensch-Moment, der verbindet, aber auch den Mitarbeitern ein Gesicht gibt. Wenn man viele solcher Geschichten erzeugen kann, ist das Serviceglück. Oft ist es aber so, dass Menschen häufig eine hohe Expertise haben, sie aber nicht empathisch sind – das ist dann eine kalte Begegnung.
Kann man Empathie lernen?
Ja, alle können Empathie entwickeln. Das geschieht etwa auch, wenn wir uns gegenseitig von besonderen Begegnungen erzählen. Und das ist wichtig, denn jede Geschichte öffnet den Blickwinkel. Vielen fehlt der Blick für den Moment, dabei braucht es oft nur eine gute Idee und Mut. Unternehmen müssen aber auch den nötigen Freiraum für gute Ideen geben und die Mitarbeiter wertschätzen, wenn sie Neues ausprobieren. Ganz wichtig ist es, nicht ein bestimmtes Verhalten zu trainieren, sondern Service als Haltung zu begreifen – Service endet nicht, nur weil gerade keiner hinsieht.
Service ist der Klebstoff zwischen Unternehmen und Kunden.
Sabine Hübner
Service-ExpertinHat sich das durch die Digitalisierung verändert?
Absolut. Die Digitalisierung ist ein Segen an den allermeisten Stellen. Für mich liegt der Sinn darin, Abläufe zu vereinfachen, um dadurch mehr Zeit zu gewinnen, sich mit den Kunden zu beschäftigen, denn der Bedarf an menschlicher Zuwendung ist durch die Digitalisierung nicht geringer geworden. In einem Hotel finde ich es umso besser, je mehr digitale Prozesse es gibt, weil dann die Mitarbeiter mehr Zeit für Mensch-Momente haben.
Können digitalisierte Prozesse zu magischen Momenten für Kunden werden?
Digitalisierte Kontaktpunkte sind nicht unbedingt kalt. Auch eine Fitness-App kann durch die Sprache, mit der sie etwa auf Feedback antwortet, Nähe schaffen. Auch wenn etwas sehr einfach funktioniert, ist das Serviceglück.
Mit wie viel Mehraufwand müssen Betriebe rechnen, wenn sie ihren Kunden Serviceglück bieten wollen?
Das kommt auf das Geschäftsmodell an. Wenn ein Versicherungsberater im Gespräch über einen Schadensfall viel Empathie einbringt, dauert das Gespräch vielleicht länger, spart aber insgesamt viel Zeit, weil die weitere Kommunikation nicht am Kunden vorbeigeht und viel weniger unnötige Kommunikation stattfindet.
Lohnt sich der Aufwand?
Das ist nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Unternehmen lohnend. Es gibt viele Treiber von außen, wie Pandemie oder Ukrainekrieg, auf die wir keinen Einfluss haben, an die wir uns aber immer schneller anpassen müssen. Mit Service sind wir schnell am Kunden und kommen zu einer Lösung, für die es noch gar keinen Prozess gibt. Darüber hinaus ist Service der wichtigste Klebstoff zwischen Unternehmen und Kunden.
- Sabine Hübner (57) ist Service-Performance-Beraterin, Unternehmerin und Autorin. Geboren in Vöcklabruck, lebt und arbeitet sie heute in Düsseldorf.
- Mit ihrer Beratungsagentur forwardservice unterstützt sie Unternehmen, sich für ihre Kunden immer wieder neu zu erfinden. Den Fokus richtet sie dabei auf ihre Service-Haltung.
- Sie wurde mit dem „Conga-Award“, dem „Red Fox Award“ und als „Best Brand“ ausgezeichnet und wird in der Liste der 100 besten Trainer und Influencer geführt.