Um serviceorientiert zu sein, müssen Unternehmen in Kundenwünschen denken, weiß Sabine Hübner.
Um serviceorientiert zu sein, müssen Unternehmen in Kundenwünschen denken, weiß Sabine Hübner. © Martin Steiger
Sabine Hübner

„Gutes Ser­vice lebt von guten Begeg­nun­gen“

Service-Expertin Sabine Hübner spricht im Interview über Servicequalität.

01.01.2025 08:53 von Ines Tebenszky
Lesezeit 5 Minuten

Unter­neh­men dür­fen Ser­vice­qua­li­tät nicht dem Zufall über­las­sen, plä­diert Ser­vice-Per­for­mance-Bera­te­rin Sabi­ne Hüb­ner, son­dern per­ma­nent an ihrer Ser­vice-Hal­tung arbei­ten.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Was macht gutes Ser­vice aus?

Sabi­ne Hüb­ner: Gutes Ser­vice ist vor allem eines – kon­se­quent. Das heißt, dass ein Kun­de oder Gast wie­der­holt die glei­che Qua­li­tät erfährt, unab­hän­gig davon, auf wen er trifft. Das heißt auch, dass Ser­vice­qua­li­tät kein Zufall sein darf. Zum Ser­vice gehört, dass das Unter­neh­men aus Sicht des Kun­den alle Kon­takt­punk­te durch­denkt und sich fragt, wie man das Leben ein­fa­cher, bes­ser oder schö­ner machen kann. Dafür ist es hilf­reich, nicht mehr in Ziel­grup­pen, son­dern in Anläs­sen zu den­ken, weil die glei­chen Per­so­nen je nach Anlass anders ticken. Was gutes Ser­vice aus­macht, sind im Kern zwei Din­ge: zum einen die Pro­zes­se oder Abläu­fe und zum ande­ren die Begeg­nun­gen.

Wie kommt man vom ­Ser­vice zum Ser­vice­glück?

Ser­vice­glück ent­steht dann, wenn es Mensch-Momen­te gibt, also Begeg­nun­gen, die im Kopf blei­ben. Wir erle­ben ja meist mehr die­ser Mensch-Momen­te als uns bewusst ist. Ein Bei­spiel: Ich ging eines Tages in eine Düs­sel­dor­fer Bäcke­rei. Als ich ein­trat, spiel­te laut 80er-Jah­re-Musik und der Bäcker sang mit Freu­de mit. Was habe ich getan? Ich habe mit­ge­sun­gen. Das war so ein Mensch-Moment, der ver­bin­det, aber auch den Mit­ar­bei­tern ein Gesicht gibt. Wenn man vie­le sol­cher Geschich­ten erzeu­gen kann, ist das Ser­vice­glück. Oft ist es aber so, dass Men­schen häu­fig eine hohe Exper­ti­se haben, sie aber nicht empa­thisch sind – das ist dann eine kal­te Begeg­nung.

Kann man Empa­thie ler­nen?

Ja, alle kön­nen Empa­thie entwi­ckeln. Das geschieht etwa auch, wenn wir uns gegen­sei­tig von beson­de­ren Begeg­nun­gen erzäh­len. Und das ist wich­tig, denn jede Geschich­te öff­net den Blick­win­kel. Vie­len fehlt der Blick für den Moment, dabei braucht es oft nur eine gute Idee und Mut. Unter­neh­men müs­sen aber auch den nöti­gen Frei­raum für gute Ideen geben und die Mit­ar­bei­ter wert­schät­zen, wenn sie Neu­es aus­pro­bie­ren. Ganz wich­tig ist es, nicht ein bestimm­tes Ver­hal­ten zu trai­nie­ren, son­dern Ser­vice als Hal­tung zu begrei­fen – Ser­vice endet nicht, nur weil gera­de kei­ner hin­sieht.

Ser­vice ist der Kleb­stoff zwi­schen Unter­neh­men und Kun­den.Zitat Ende

Sabi­ne Hüb­ner

Ser­vice-Exper­tin

Hat sich das durch die ­Digi­ta­li­sie­rung ver­än­dert?

Abso­lut. Die Digi­ta­li­sie­rung ist ein Segen an den allermeis­ten Stel­len. Für mich liegt der Sinn dar­in, Abläu­fe zu ver­ein­fa­chen, um dadurch mehr Zeit zu gewin­nen, sich mit den Kun­den zu beschäf­ti­gen, denn der Bedarf an mensch­li­cher Zuwen­dung ist durch die Digi­ta­li­sie­rung nicht gerin­ger gewor­den. In einem Hotel fin­de ich es umso bes­ser, je mehr digi­ta­le Pro­zes­se es gibt, weil dann die Mit­ar­bei­ter mehr Zeit für Mensch-Momen­te haben.

Kön­nen digi­ta­li­sier­te Pro­zes­se zu magi­schen Momen­ten für Kun­den wer­den?

Digi­ta­li­sier­te Kon­takt­punk­te sind nicht unbe­dingt kalt. Auch eine Fit­ness-App kann durch die Spra­che, mit der sie etwa auf Feed­back ant­wor­tet, Nähe schaf­fen. Auch wenn etwas sehr ein­fach funk­tio­niert, ist das Ser­vice­glück.

Mit wie viel Mehr­auf­wand müs­sen Betrie­be rech­nen, wenn sie ihren Kun­den ­Ser­vice­glück bie­ten wol­len?

Das kommt auf das Geschäfts­mo­dell an. Wenn ein Ver­si­che­rungs­be­ra­ter im Gespräch über einen Scha­dens­fall viel Empa­thie ein­bringt, dau­ert das Gespräch viel­leicht län­ger, spart aber ins­ge­samt viel Zeit, weil die wei­te­re Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht am Kun­den vor­bei­geht und viel weni­ger unnö­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on statt­fin­det.

Lohnt sich der Auf­wand?

Das ist nicht nur für die Kun­den, son­dern auch für die Unter­neh­men loh­nend. Es gibt vie­le Trei­ber von außen, wie Pan­de­mie oder Ukrai­ne­krieg, auf die wir kei­nen Ein­fluss haben, an die wir uns aber immer schnel­ler anpas­sen müs­sen. Mit Ser­vice sind wir schnell am Kun­den und kom­men zu einer Lösung, für die es noch gar kei­nen Pro­zess gibt. Dar­über hin­aus ist Ser­vice der wich­tigs­te Kleb­stoff zwi­schen Unter­neh­men und Kun­den.

Sabi­ne Hüb­ner
  • Sabi­ne Hüb­ner (57) ist Ser­vice-Per­for­mance-Bera­te­rin, Unter­neh­me­rin und Autorin. Gebo­ren in Vöckla­bruck, lebt und arbei­tet sie heu­te in Düs­sel­dorf.
  • Mit ihrer Bera­tungs­agen­tur for­ward­ser­vice unter­stützt sie Unter­neh­men, sich für ihre Kun­den immer wie­der neu zu erfin­den. Den Fokus rich­tet sie dabei auf ihre Ser­vice-Hal­tung.
  • Sie wur­de mit dem „Con­ga-Award“, dem „Red Fox Award“ und als „Best Brand“ aus­ge­zeich­net und wird in der Lis­te der 100 bes­ten Trai­ner und Influen­cer geführt.
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