„Gen Z darf man nicht über einen Kamm scheren“
Jakob Ledermann, Trend- und Markenexperte spricht im Interview über die Generation Z.
Alle zwischen 1997 und 2012 Geborenen zählen zur Generation Z (Gen Z) – die ersten, die mit dem Smartphone aufgewachsen sind. Trendexperte Jakob Ledermann weiß, worauf sich die Wirtschaft einstellen muss.
„Kärntner Wirtschaft“: Fridays for Future, Soziale Medien, Work-Life-Balance: Was ist der Generation Z wichtig?
Jakob Ledermann: Das Wichtigste ist wohl, nicht die gesamte Generation über einen Kamm zu scheren. Es gibt aber Punkte, die die gesamte Generation eint: Authentizität und Transparenz, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung sowie Individualisierung und Personalisierung. Sie schätzen echte Beziehungen sehr und entwickeln daher ein starkes Gemeinschaftsgefühl, wenn sie sich mit einer Gruppe identifizieren können. Das ist mit ein Grund, warum Influencer so erfolgreich sind. Diese Loyalität erwarten sie auch vom Arbeitgeber.
Verändert die neue Generation die Art und Weise, wie wir über Wirtschaft nachdenken sollten?
Ja, ganz entscheidend sogar. Früher haben Unternehmen ein Produkt hergestellt, es auf den Markt gebracht und der Kunde hat es gekauft. Dieses Modell funktioniert definitiv nicht mehr. Die Generation Z ist es gewohnt, personalisierte Inhalte zu konsumieren. Auch auf dem Arbeitsmarkt hat sie die komfortable Ausgangslage, da es zu viele Jobs gibt und zu wenige Arbeitskräfte. Natürlich suchen sie sich ihren Arbeitgeber dann nach ihren Werten aus. Und die Gruppe von der wir sprechen ist groß: Circa 25 Prozent der Erwerbsbevölkerung gehören zur Generation Z, deren Kaufkraft man auch nicht unterschätzen darf.
Auf welchen Ebenen sind Unternehmen von diesem Wandel betroffen?
Auf allen: Geschäftsmodelle und Unternehmensleitbilder sind zu überdenken, Hierarchien aufzulösen – eine Feedbackkultur ist erwünscht, aber keinesfalls ein nach unten treten – und Arbeitszeiten und ‑orte flexibel zu gestalten.
Vor allem Klein- und Mittelstandsbetriebe können von der Gen Z profitieren.
Jakob Ledermann
Trend- und MarkenexperteWie sieht also der Arbeitgeber der Zukunft aus?
Der Arbeitgeber der Zukunft muss verstehen, dass das Gehalt ein Hygienefaktor ist – es kann Unzufriedenheit verhindern, aber nicht unbedingt zur Zufriedenheit oder Motivation beitragen. Um wirkliche Bindung zu erzeugen, ist das Ziel, möglichst viele Werte der neuen Generation im Unternehmen abzudecken. Es stimmt einfach nicht, das alle nur Chai Latte schlürfen und nichts bewegen wollen. Die jungen Menschen sind motiviert, aber ihre Tätigkeit muss ihnen einen Sinn geben. Sie wollen Teil eines Teams sein, Verantwortung übernehmen, Wertschätzung und Respekt erfahren und praktizieren schon jetzt lebenslanges Lernen. Hier treffen vielfach veraltete Strukturen auf einen völlig neuen Zugang zur Arbeitswelt.
Wie können regionale Klein- und Mittelstandsbetriebe hier noch mithalten?
Gerade für sie ist diese Entwicklung eine Chance, da sie viel kleiner sind als Großunternehmen und gerade deshalb schneller und flexibler auf Veränderungen reagieren können. Hinzu kommt der Vorteil der überschaubaren, oft familiären Firmenstruktur. Das kommt der Generation Z besonders entgegen, da sie in einem Betrieb keine Nummer sein, sondern echte Beziehungen aufbauen möchten. Unternehmen müssen sich die Zeit nehmen und herausarbeiten, was den Beruf so besonders macht, und das auch über Kampagnen oder Events kommunizieren. In Deutschland war heuer die Vulki-Kampagne des Reifenhandels zum Beruf Vulkaniseur extrem erfolgreich. Gemeinsam mit einem in der Zielgruppe bekannten Influencer wurde ein Video gedreht, über Youtube, Facebook, TikTok und Instagram ausgespielt und so eine enorme Aufmerksamkeit generiert.
Stichwort Influencer: Für viele ein Traumjob. Werden wir so den Wohlstand erhalten können?
Ich rate jedem, der Influencer werden möchte, es zu versuchen. Ich kenne viele und kann nur sagen, es ist alles andere als ein Traum, eher das Gegenteil ist der Fall, zumindest ab einer gewissen Bekanntheit. Am Ende der Reise wartet die Realität auf dich und somit ist das Ganze ein selbstregulierender Prozess.
- Jakob Ledermann wurde 1998 in Erfurt geboren.
- Er studierte Business Administration und Management an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Maynooth University Dublin.
- Heute arbeitet er als Senior Consultant bei der philoneos GmbH in München.
- Er ist Experte für Innovation, Arbeitgeberattraktivität und neue Generationen.