Doris Steinscherer: Feelgood-Management ist kein Verschönerungsverein, sondern packt das Problem an der Wurzel – gerne mit einer Prise Humor.
Doris Steinscherer: Feelgood-Management ist kein Verschönerungsverein, sondern packt das Problem an der Wurzel – gerne mit einer Prise Humor. © KK/Karin Schwarz
Doris Steinscherer

„Feel­good und Leis­tung pas­sen doch zusam­men!“

Feelgood-Managerin und New- Work-Expertin Doris Steinscherer begleitet Unternehmen bei ihrer Transformation hin zu mehr Menschlichkeit. Im Interview erzählt sie, worauf es ankommt.

19.04.2024 11:42 - Update am: 31.05.2024 10:46 von Claudia Blasi
Lesezeit 5 Minuten

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Was ist die Auf­ga­be eines Feel­good-Mana­gers?

Doris Stein­sche­rer: Ein Feel­good-Mana­ger sorgt in einem Unter­neh­men für ein Arbeits­um­feld, in dem die Mit­ar­bei­ter zufrie­den und daher enga­giert sind. Er ist gleich­sam für eine men­schen­ori­en­tier­te und wert­schät­zen­de Unter­neh­mens­kul­tur ver­ant­wort­lich, die sich in Zie­len, Wer­ten und Leit­bild wider­spie­geln soll­te. Der Begriff ist in Öster­reich noch sehr unbe­kannt und trig­gert vie­le – doch Leis­tung und Wohl­be­fin­den gehö­ren zusam­men.

War­um ist Feel­good-Manage­ment wich­tig?

Weil wir im Durch­schnitt unse­res Lebens 70.000 Stun­den im Job ver­brin­gen, doch nur rund 70 Pro­zent eine emo­tio­na­le Bin­dung an das Unter­neh­men haben. Die Bereit­schaft, den Job zu wech­seln, ist groß und bei der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on signi­fi­kant höher. Auch die Leis­tungs­mo­ti­ve ändern sich. Um Mit­ar­bei­ter zu fin­den und zu bin­den, braucht es also viel mehr als ein teu­res Image­vi­deo inklu­si­ve Obst­korb und Kicker­tisch. Die Leu­te kön­nen sich aus­su­chen, wo sie arbei­ten möch­ten. Doch Ange­bot und Nach­fra­ge matchen nicht. Wir haben kei­nen Fachkräfte‑, son­dern einen Kul­turm­an­gel. 

Wie funk­tio­niert die kon­kre­te Umset­zung?

Die Imple­men­tie­rung eines Feel­good-Mana­gers ist ganz indi­vi­du­ell, denn jeder Betrieb tickt anders. Grund­sätz­lich soll­te er aber ein fixer Bestand­teil des Teams wer­den und kon­ti­nu­ier­lich an einer bes­se­ren Unter­neh­mens­kul­tur arbei­ten. Im ers­ten Schritt sieht man sich die bestehen­den Ver­hält­nis­se an, macht eine Mit­ar­bei­ter­be­fra­gung und Ana­ly­sen. Dar­auf auf­bau­end wird ein Akti­ons­plan ent­wi­ckelt und auch umge­setzt.

Wel­che Vor­tei­le ent­ste­hen für den Betrieb?

Ganz deut­lich weni­ger Fluk­tua­ti­on und Fehl­zei­ten, dafür mehr Leis­tung, Mit­ar­bei­ter­zu­frie­den­heit sowie ein bes­se­res Betriebs­kli­ma und Image. 

Doris Steinscherer: Feelgood-Management ist kein Verschönerungsverein, sondern packt das Problem an der Wurzel – gerne mit einer Prise Humor. © KK/Karin Schwarz

„Wir haben kei­nen Fach­kräf­te­man­gel, wir haben aktu­ell einen Kul­turm­an­gel.“Zitat Ende

Doris Stein­sche­rer

Feel­good-Aka­de­mie

Was muss der Chef oder die Füh­rungs­ebe­ne leis­ten?

Sie sind Vor­bil­der und soll­ten auch den Wil­len haben, hin­zu­schau­en, was im Betrieb funk­tio­niert und was nicht. Doch auch die Mit­ar­bei­ter sind gefor­dert und haben eine Eigen­ver­ant­wor­tung. Vie­le sind im Job unzu­frie­den, haben aber Angst vor einer Ver­än­de­rung. Sie ver­har­ren im Jam­mer­tal, statt die Din­ge aktiv anzu­spre­chen. 

Was hat den größ­ten Ein­fluss auf das Wohl­be­fin­den in Betrie­ben?

Die Unter­neh­mens­kul­tur selbst steht an ers­ter Stel­le. Wert­schät­zung, Offen­heit und Respekt bil­den eine soli­de Grund­la­ge. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on soll­te offen und ehr­lich sein, um ein Gefühl des Ver­trau­ens und der Zuge­hö­rig­keit zu schaf­fen. Die Arbeit soll­te sinn­stif­tend sein und sich nach den Stär­ken der Mit­ar­bei­ter ori­en­tie­ren. Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten wer­den offen­ge­legt. Wo es mög­lich ist, sind fle­xi­ble Arbeits­zei­ten ein Must-have. Aner­ken­nung und Feed­back stär­ken das posi­ti­ve Arbeits­um­feld.

Was gilt es tun­lichst zu ver­mei­den?

Wenn Füh­rungs­kräf­te Ver­spre­chen nicht ein­hal­ten, das geht gar nicht. Und Mit­ar­bei­ter­be­fra­gun­gen, die ohne Fol­gen blei­ben. Die Ergeb­nis­se sol­cher Befra­gun­gen kön­nen oft ernüch­ternd sein, wie etwa bei Hote­lier Bodo Jans­sen aus Deutsch­land. Er wur­de als Chef abge­wählt. Doch er zog sei­ne Schlüs­se dar­aus und konn­te letzt­lich die Mit­ar­bei­ter­zu­frie­den­heit und den Umsatz enorm stei­gern. 

Was sind ganz kla­re Warn­si­gna­le, dass etwas im Betrieb falsch­läuft?

Wenn die Stim­mung und die Kom­mu­ni­ka­ti­on ins Nega­ti­ve kip­pen. Meist fol­gen man­geln­de Initia­ti­ven der Mit­ar­bei­ter sowie ein Rück­gang der Pro­duk­ti­vi­tät. Fehl­zei­ten und Kran­ken­stän­de neh­men zu, letzt­lich die Fluk­tua­ti­on. An Team­ak­ti­vi­tä­ten besteht kein Inter­es­se. Spä­tes­tens jetzt ist es soweit, um das ope­ra­ti­ve Geschäft zu unter­bre­chen und Zeit in sei­ne Mit­ar­bei­ter zu inves­tie­ren.

Zur Per­son

Doris Stein­sche­rer aus der Stei­er­mark ist Grün­de­rin der New Work & Feel­good-Manage­ment-Aka­de­mie. Sie ist Exper­tin, Trai­ne­rin, Autorin, Spea­k­er und beglei­tet seit 25 Jah­ren Unter­neh­men im Bereich Per­so­nal­ma­nage­ment. Ihr Buch „Mit Mensch­lich­keit zum Erfolg – Wie die Her­zens­bril­le und eine Pri­se Humor den unter­neh­me­ri­schen Erfolg beflü­geln“ ist im Vor­jahr erschie­nen.