„Kung-Fu-Meister zu werden, kann man sich nicht kaufen oder wünschen, das ist Arbeit“, Shi Heng Yi.
„Kung-Fu-Meister zu werden, kann man sich nicht kaufen oder wünschen, das ist Arbeit“, Shi Heng Yi. © Fotoschmied.de
Shi Heng Yi

„Es gibt kei­nen ein­fa­chen Weg zu sich selbst“

Kung-Fu-Meister Shi Heng Yi über die moderne Welt, Unternehmertum und die großen Lehren.

28.12.2024 08:45 - Update am: 01.01.2025 18:27 von Claudia Blasi
Lesezeit 5 Minuten

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Was genau bedeu­tet Kung-Fu?

Shi Heng Yi: Es wird oft mit „har­ter Arbeit“ über­setzt, genau heißt es aber „durch Mühe eine Fähig­keit ent­wi­ckeln“ und das über einen län­ge­ren Zeit­raum.

Sie lei­ten den Shaolin­Temp­le, sind also Kung-Fu-Meis­­ter und Unter­neh­mer. Gibt es Par­al­le­len?

Ja, bei bei­dem braucht man ein Team, Men­schen mit Fähig­kei­ten, die ich nicht habe, die einen Mehr­wert lie­fern und ein gemein­sa­mes Ziel, auf das man sich stra­te­gisch aus­rich­tet. Im Tem­pel sind es das Bewah­ren des bud­dhis­ti­schen Wis­sens und die Erzie­hung der Jugend auf kör­per­li­cher, geis­ti­ger und emo­tio­na­ler Ebe­ne.

Wel­che Tugend ist im Kampf­sport und in der Geschäfts­welt von Vor­teil?

Eine der Haupt­tu­gen­den ist Dis­zi­plin. Was man will, ist nicht so wich­tig, denn vom Wol­len allei­ne wird nichts pas­sie­ren. Ent­schei­dend ist, wel­che Opfer, wel­ches Leid, wel­chen Schmerz man bereit ist, auf sich zu neh­men. Es gibt kei­nen ein­fa­chen Weg, um sich selbst zu kul­ti­vie­ren, nur Resi­li­enz und geis­ti­ge Hal­tung hel­fen.

Wie kann es in unse­rer moder­nen Welt gelin­gen, den Fokus nicht zu ver­lie­ren?

Es hilft, in den Wald zu gehen oder auf einen Berg, um die Ruhe im Außen zu fin­den. Ziel ist es aber, die inne­re Ruhe zu fin­den, orts­un­ge­bun­den. Dabei soll­ten wir auf die fünf Tore zur Außen­welt ach­ten, unse­re Sin­ne. Fünf Minu­ten auf die eige­ne Atmung zu ach­ten, ist eine ein­fa­che prak­ti­sche Übung, um schon beim Auf­wa­chen ganz bei sich zu blei­ben.

Das Zer­schla­gen von Stei­nen zeigt, wie viel Poten­zi­al der Mensch hat, wenn er sich an Prin­zi­pi­en hält.Zitat Ende

Shi Heng Yi

Kung-Fu-Meis­ter

Sie zer­schmet­tern Stein­plat­ten mit der Hand – Wie und war­um macht man das?

Ob es sinn­voll ist, das zu tun, oder nicht – es zeigt das Poten­zi­al des Men­schen, wenn er sich an Prin­zi­pi­en hält. Das Prin­zip von Yin und Yang besagt, dass alles in Har­mo­nie geschieht. Also müs­sen Kör­per und Geist voll­kom­men im Ein­klang sein, damit die­se Übung gelingt. Es braucht die Kraft des Kör­pers und das Gespür für das rich­ti­ge Timing sowie eine Weich­heit und Offen­heit des Geis­tes. Man wird eins mit sei­ner Auf­ga­be, wie Musi­ker oder Maler.

Wie kann ich mei­nen Kör­per mit Ener­gie ver­sor­gen?

Neben dem bewuss­ten Atmen ist es die Ernäh­rung. Wir ernäh­ren uns im Klos­ter zu 90 Pro­zent vege­ta­risch. Das Wich­tigs­te ist aber, auf sei­nen Kör­per zu hören und ein gutes Gefühl für sich selbst zu entwi­ckeln. Eben­so wie Bewe­gung und Son­nen­licht. Und gera­de wenn man sich ener­gie­los fühlt, soll­te man sich bewe­gen – nur so lernt der Kör­per, dass er mehr Ener­gie bereit­stel­len muss.

Ener­gie soll flie­ßen. Vie­le Men­schen ver­har­ren aber lie­ber in einer Situa­ti­on, als etwas zu ver­än­dern. War­um?

Weil wir glau­ben, es muss alles höher, schnel­ler, bes­ser wer­den – das blo­ckiert, der Kopf ist zu. Die Lösung: Altes muss gehen, damit Neu­es kom­men kann. Die­se Pra­xis des Los­las­sens soll­te man auf alle Lebens­be­rei­che anwen­den.

Bei „Klos­ter auf Zeit“ dür­fen Besu­cher haut­nah den All­tag der Mön­che mit­er­le­ben. Was ler­nen sie dar­aus?

Acht­sam­keit und das Prin­zip der Tie­fe. Egal wobei, ver­su­che dich auf eine Sache zu kon­zen­trie­ren und gehe in die Tie­fe. Das gibt die Ein­sicht, um rich­ti­ge Ent­schei­dun­gen zu tref­fen.

In Betrie­ben und im Klos­ter gibt es Hier­ar­chien. Wie wich­tig ist Füh­rung?

Beim Wert des Men­schen machen wir kei­nen Unter­schied, egal ob Putz­frau oder Geschäfts­füh­rer. Es geht dar­um, wer bringt den größ­ten Schatz an Lebens­er­fah­rung mit und ist dadurch ganz oben in der Hier­ar­chie.

Aktu­ell wird viel über die Work-Life-Balan­ce dis­ku­tiert. Gibt es eine bud­dhis­ti­sche Weis­heit dazu?

Ja: Durch unse­re Gedan­ken erschaf­fen wir die Welt. Wenn man das beach­tet, dann gibt es ande­re Per­spek­ti­ven, die bes­ser pas­sen, als das Leben in Arbeit und Frei­zeit ein­zu­tei­len. Wir haben nur ein Leben in die­sem Kör­per, und soll­ten die Balan­ce zwi­schen allem schaf­fen, was uns wich­tig ist.

Zur Per­son
  • Shi Heng Yi ist Kung-Fu-Meis­ter und lei­tet den Shao­lin Temp­le Euro­pe in Otterberg/Kaiserslautern.
  • Der Sohn viet­na­me­si­scher Eltern wuchs in Kaisers­lautern auf und begann dort mit vier Jah­ren sein Kung-Fu-Trai­ning.
  • Nach dem Stu­di­um der Sozi­al- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaf­ten und einem MBA ent­schied er, sich fort­an sei­ner Lei­den­schaft, dem Kung-Fu, zu wid­men.
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