„Das Publikum sehnt sich nach echter Verbindung“, weiß Autorin und Coach Viv Groskop.
„Das Publikum sehnt sich nach echter Verbindung“, weiß Autorin und Coach Viv Groskop. © Steve Ullathorne
Viv Groskop

„Ein­fach­heit ist stär­ker als ein Feu­er­werk“

Die britische Autorin, Beraterin und Komikerin Viv Groskop gibt Frauen in ihrem Buch „How to own the room“ Tipps, wie sie ihrer Stimme mehr Gewicht verleihen.

11.01.2025 15:38 von Ines Tebenszky
Lesezeit 5 Minuten

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Haben weib­li­che Stim­men weni­ger Gewicht als männ­li­che?

Viv Gro­skop: Beim Spre­chen gibt es nur zwei wich­ti­ge Unter­schie­de zwi­schen Män­nern und Frau­en. Ers­tens geben Frau­en häu­fi­ger als Män­ner an, sich unsi­cher zu füh­len. Und zwei­tens haben Frau­en weni­ger Chan­cen. Mit Leh­ren aus mei­ner Büh­nen­kar­rie­re als Come­di­an und Bei­spie­len bekann­ter Red­ne­rin­nen von Ange­la Mer­kel bis Chim­i­man­da Ngo­zi Adi­chie möch­te ich Frau­en zei­gen, dass sie sich nicht unsi­cher füh­len müs­sen. Und sie kön­nen sich selbst mehr Mög­lich­kei­ten schaf­fen. In Wirk­lich­keit gibt es abso­lut kei­nen Unter­schied zwi­schen Män­nern und Frau­en, wenn es um Schlag­kraft und Macht geht.

Den­noch sind Frau­en sel­te­ner in der Füh­rungs­ebe­ne anzu­tref­fen. Wor­an liegt das und wie kön­nen Frau­en das aktiv ändern?

In eini­gen Punk­ten ist der Fort­schritt des Femi­nis­mus seit den 1960er-Jah­ren ent­täu­schend: zwei Schrit­te vor, ein Schritt zurück. Auf ande­re Wei­se ist dies nicht über­ra­schend, da es in Tau­sen­den von Jah­ren der Mensch­heits­ge­schich­te prak­tisch unmög­lich war, als Frau eine Füh­rungs­per­sön­lich­keit zu sein. Aber die ande­re Hälf­te die­ser Glei­chung ist, wie wir uns tief im Inne­ren füh­len. Es ist wich­tig, dar­auf zu ach­ten, dass wir uns kei­ne inne­ren Bar­rie­ren wie Ängs­te, Selbst­zwei­fel, Ner­vo­si­tät auf­bau­en, wenn es bereits äuße­re Bar­rie­ren gibt.

Wenn es um Schlag­kraft und Macht geht, gibt es abso­lut kei­nen Unter­schied zwi­schen Frau­en und Män­nern.Zitat Ende

Viv Gro­skop

Autorin, Coach

In der Öffent­lich­keit zu spre­chen, kos­tet vie­le – nicht nur Frau­en – oft Über­win­dung. War­um?

Es ist ein Mythos, dass die Mess­lat­ten zu hoch sind oder dass man einem alt­mo­di­schen Stan­dard ent­spre­chen muss. In den ver­gan­ge­nen 30 Jah­ren haben wir so vie­le Ver­än­de­run­gen gese­hen, wie wir Red­ner und Füh­rungs­kräf­te beob­ach­ten: You­Tube, sozia­le Medi­en. Das Publi­kum sehnt sich nach ech­ter Ver­bin­dung, Authen­ti­zi­tät und Ori­gi­na­li­tät. Es gibt so vie­le Mög­lich­kei­ten, die­se Ver­bin­dung her­zu­stel­len, wie es Men­schen auf dem Pla­ne­ten gibt. Wir alle suchen nach Per­so­nen, die auf eine Wei­se zu uns spre­chen, die sich bedeu­tungs­voll und echt anfühlt. Den­ken Sie weni­ger an Win­s­ton Chur­chill, mehr an Gre­ta Thun­berg.

Sie sagen: Man muss kein Feu­er­werk abbren­nen, um die Zuhö­rer zu begeis­tern. Was braucht es denn, um eine gute Red­ne­rin zu sein?

Die bes­ten Red­ner den­ken weni­ger dar­über nach, was sie sagen wol­len, son­dern mehr dar­über, was ihr Publi­kum hören muss. Die meis­ten Men­schen wer­den sich nur an eine wich­ti­ge Erkennt­nis aus einer Rede erin­nern. Ein­fach­heit ist stär­ker als Feu­er­werk. Obwohl Ein­fach­heit, die mit ein wenig Glanz gelie­fert wird, noch bes­ser ist.

War­um sind Michel­le Oba­ma oder Chris­tine Lag­ar­de Vor­bil­der?

Michel­le Oba­ma ver­kör­pert die Idee, ein­la­dend und inklu­siv zu sein. Selbst wenn sie über etwas Erns­tes spricht, wird es leicht fal­len, ihr zuzu­hö­ren. Sie hat eine wun­der­bar ent­spann­te Auto­ri­tät. Chris­ti­ne Lag­ar­de ist ein bril­lan­tes Bei­spiel für jeman­den, der oft über The­men spre­chen muss, die tro­cken oder lang­wei­lig sein kön­nen, aber sie bringt sie über­zeu­gend und direkt auf den Punkt. Sie ver­wen­det das Geschich­ten­er­zäh­len und macht klei­ne Wit­ze, um ihre Spra­che auf­zu­hei­tern.

Was macht denn eine Rede zu einer guten Rede?

Eine gute Rede reagiert auf die Anfor­de­run­gen des Augen­blicks und auf ein bestimm­tes Publi­kum. Sie hat einen kla­ren Anfang, eine Mit­te und ein Ende. Die bes­ten Reden füh­ren das Publi­kum Punkt für Punkt durch, ohne dass das Publi­kum merkt, dass dies geschieht.

Wel­chen Tipp geben Sie ger­ne wei­ter?

Die­ser Tipp klingt ver­rückt, aber ich benut­ze ihn immer hin­ter der Büh­ne. Den­ken Sie: „Gehirn im Magen. Atme durch die Füße … Gehirn im Magen. Atme durch die Füße.“ Es ist groß­ar­tig für die Ner­ven und die Kon­zen­tra­ti­on.

Zur Per­son
  • Viv Gro­skop ist eine bri­ti­sche Jour­na­lis­tin, Autorin, TV- und Radio­mo­de­ra­to­rin und Komi­ke­rin.
  • In ihrem Pod­cast „How to own the room“ the­ma­ti­siert sie Frau­en, Macht und Leis­tung.
  • Bei den Bri­tish Pod­casts Awards 2021 war Gro­skops Pod­cast als Best Busi­ness Pod­cast nomi­niert.
  • Als Coach arbei­tet sie mit Frau­en aus Wirt­schaft, Medi­en und Wer­bung zusam­men und hilft ihnen, ihre Auto­ri­tät, Prä­senz und Füh­rung zu ver­bes­sern.
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