Sebastian Kummer bereiste privat und beruflich die Weltmeere und beschäftigt sich auch beruflich mit den besten Transportwegen.
Sebastian Kummer bereiste privat und beruflich die Weltmeere und beschäftigt sich auch beruflich mit den besten Transportwegen. © Anita Arneitz
Sebastian Kummer

„Die Zukunft ist
grün und digi­tal“

Der Logistikprofessor und Wissenschaftler Sebastian Kummer spricht im Interview über die Veränderungen in der Transportwirtschaft.

29.09.2024 08:53 von Anita Arneitz
Lesezeit 4 Minuten

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Wo sehen Sie für Kärn­ten die Her­aus­for­de­run­gen in der Trans­port­wirt­schaft?

Sebas­ti­an Kum­mer: Die Hoff­nun­gen, die Kärn­ten in die Kor­alm­bahn setzt, wer­den sich rela­ti­vie­ren. Das sieht man jetzt schon an den Bemü­hun­gen und Schwie­rig­kei­ten rund um das Pro­jekt des Dry Ports. Logis­ti­sche Kno­ten­punk­te funk­tio­nie­ren nur dann, wenn sie auch ein gro­ßes Auf­kom­men haben. Kärn­tens Indus­trien wie Infi­ne­on brau­chen eine ganz ande­re Art des Trans­por­tes. Unter sol­chen Vor­aus­set­zun­gen ist es sehr schwie­rig, sich als Logis­tik­stand­ort zu eta­blie­ren. Die Ver­bin­dung wer­den sich durch die Kor­almbahn und den Sem­me­ring-Basis­tun­nel natür­lich ver­bes­sern, aber nicht den erwünsch­ten Durch­bruch brin­gen.

… weil sich auch die Güter­struk­tur ändert?

Mas­sen­gü­ter wie Koh­le, Mine­ral­öle und Mine­ral­öl­pro­duk­te sind ide­al für den Trans­port mit der Bahn. Die­se Mas­sen­gü­ter fal­len in der Zukunft aber weg und es kommt zu mehr klei­ne­ren Sen­dun­gen. Da ist ein­fach der Lkw unschlag­bar bei Fle­xi­bi­li­tät und kür­ze­ren Distan­zen. Aller­dings geht es auch hier ganz klar in Rich­tung öko­lo­gi­sche, grü­ne Trans­por­te.

Wie kön­nen sich Betrie­be dar­auf vor­be­rei­ten?

Wir müs­sen an der Resi­li­enz, also der Wider­stands­fä­hig­keit der Unter­neh­men arbei­ten. Da sehe ich für Kärn­ten mit sei­nen vie­len mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men gute Chan­cen. Schwan­kun­gen bei Nach­fra­ge, Prei­sen oder geo­po­li­ti­sche Span­nun­gen wird es immer wie­der geben. Die Unsi­cher­heit bleibt. Inso­fern kommt die Wirt­schaft aus dem Kri­sen­mo­dus nicht her­aus. Wer als Unter­neh­men soli­de wirt­schaf­tet, kann mit die­sen Her­aus­for­de­run­gen umge­hen.

Wir müs­sen auch die Effi­zi­enz im Güter­ver­kehr stei­gern.Zitat Ende

Sebas­ti­an Kum­mer

Wis­sen­schaft­ler

Sol­len Betrie­be jetzt auf Elek­tro-Lkw umrüs­ten oder nicht?

Es kommt dar­auf an. Im Nah­ver­kehr las­sen sich Elek­tro-Lkw inzwi­schen sehr gut ein­set­zen, beim Schwer- und Lang­ver­kehr eher noch nicht. Lang­fris­tig wird die Die­sel­tech­no­lo­gie teu­rer. Es gibt CO2-ärme­re Treib­stof­fe, aber wie sich die Situa­ti­on ent­wi­ckeln wird, lässt sich noch nicht abschät­zen. Der kom­bi­nier­te Ver­kehr ist ein The­ma und wir müs­sen auch die Effi­zi­enz im Güter­ver­kehr stei­gern.

Elek­tro ist also nicht die Lösung?

Es ist ein Teil der Lösung. Ich glau­be, dass die Lösung nur ein Port­fo­lio von unter­schied­li­chen Antriebs­ar­ten sein kann. Auch E‑Fuels und Was­ser­stoff könn­ten eine Rol­le spie­len. Bei­des lässt sich mit Tank­schif­fen gut trans­por­tie­ren und die ara­bi­sche Welt stellt sich bereits in die­se Rich­tung auf. Wir sind erst am Anfang der Trans­for­ma­ti­on.

Wie ver­än­dert sich Mobi­li­tät inter­na­tio­nal?

Es hat uns alle fast ein wenig erschreckt, wie schnell sich die inter­na­tio­na­len Trans­port­we­ge ver­än­dern und wie ver­letz­bar sie sind. In Zukunft müs­sen wir uns auf wei­te­re Ver­än­de­run­gen ein­stel­len.

Stich­wort Digi­ta­li­sie­rung: Wohin geht der Weg?

Mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men kön­nen von der Digi­ta­li­sie­rung pro­fi­tie­ren, zum Bei­spiel kann das Be- und Ent­la­den von Lkw ein Robo­ter über­neh­men. Droh­nen sehe ich eher in Spe­zi­al­be­rei­chen oder inner­halb eines Fir­men­ge­län­des.

Wie wird Trans­port zukunfts­fit?

Wir müs­sen weg kom­men von bil­lig und mehr auf Qua­li­tät set­zen. Die ein­zi­ge Chan­ce für unse­re hei­mi­schen Betrie­be ist eine enge Koope­ra­ti­on mit Kun­den. Trotz Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung bleibt Trans­port­wirt­schaft „peo­p­le busi­ness“. Des­halb ist es wich­tig, gemein­sam mit Kun­den neue Lösun­gen zu erar­bei­ten.

Sebas­ti­an Kum­mer
  • Sebas­ti­an Kum­mer, gebo­ren 1963 in Unna, Deutsch­land, ist seit 2001 an der Wirt­schafts­uni­ver­si­tät Wien Vor­stand des Insti­tuts für Trans­port­wirt­schaft und Logis­tik.
  • Er arbei­te­te an zahl­rei­chen For­schungs­pro­jek­ten mit, unter ande­rem lei­te­te Kum­mer die Ent­wick­lung des Öster­rei­chi­schen Gesamt­ver­kehrs­plans im Bereich Logis­tik und beriet gro­ße euro­päi­sche Trans­port­un­ter­neh­men.
  • Kum­mer ver­öf­fent­lich­te zehn Fach­bü­cher und war unter ande­rem Dozent an der Uni­ver­si­tät in Chi­na.
  • In sei­ner Frei­zeit segelt er. Wäh­rend der Pan­de­mie saß er auf einem Segel­schiff im Mit­tel­meer fest. Über die­se Erfah­rung schrieb er ein Buch.
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