Die Sehnsucht nach
mehr Freiheit im Urlaub
Campingtourismus boomt – und wird öffentlich noch weit unter seinem Wert wahrgenommen.
Kärnten hat seit Jahrzehnten beim Campingurlaub die Nase vorn. Campingplätze haben in den vergangenen Jahren stark in Qualität und zusätzliche Infrastruktur wie Glamping oder Mobile Homes investiert. Das zahlt sich aus: Campingplatzbetreiber bestätigen eine gute Buchungslage für die kommende Saison. Nur im Mai war die Nachfrage aufgrund des Wetters etwas trüber. Das zeigt, wie wichtig wetterunabhängige Angebote und alternative Erlebnisse für den Tourismus sind.
Neue Generationen mit Camping ansprechen
Der Mitbewerb schläft nämlich nicht: Slowenien, Bayern sowie Südtirol sprechen unter anderem eine neue Generation an Campinggästen an. Jüngere Reisende, Camper mit Haustieren und Familien sehen sich mit ihrem Wohnmobil oder Bus nicht als klassischer Gast am Campingplatz. Sie wollen im Urlaub viel entdecken und es macht ihnen nichts aus, jeden Tag woanders zu übernachten. Sie erkunden Regionen auf eigene Faust und fahren mehrmals im Jahr auf Urlaub. Dabei wechseln Unterkunftsformen ab.
Glamping am Pirkdorfer See
Am Pirkdorfer See ist zum Beispiel Glamping möglich: „Glamping hat in Kärnten auf jeden Fall Potenzial. Viele Gäste kommen jedes Jahr wieder und empfehlen das Glampen weiter. Darüber hinaus sind Zusatzangebote wie E‑Bikes oder Kinderbetreuung sehr wichtig, weil diese das Gesamterlebnis der Gäste erheblich verbessern“, berichtet Julia Matschek vom Campingplatz Pirkdorfer See.
Auch im Winter ist Camping Thema
Selbst im Winter ist Camping ein Thema, speziell in der Nähe von Skigebieten. „Vor allem rund um Weihnachten und Silvester waren die Buchungen sehr gut“, sagt Anton Glantschnig vom Campingplatz Hochoben in Mallnitz. Durch eine Kooperation mit der Gemeinde können Gäste Sauna und Hallenbad nutzen. Glantschnig bestätigt: „Die Ansprüche der Gäste sind gestiegen. Erfolgsfaktoren sind gute Infrastruktur, freundliches Personal, Restaurant, ein kleiner Shop und das Rundherum im Ort.“
Rast-Stellplätze sind im Kommen
Immer beliebter werden Rast-Stellplätze. Das sind Parkplätze, auf denen Camper 24 Stunden parken können. WC-Anlagen oder Duschen sind nicht notwendig, weil die Fahrzeuge autark sind. Campingverhalten wie Grillen oder Vordach aufbauen ist nicht erlaubt. Orts- und Nächtigungstaxen werden bezahlt. Diese Gäste gehen gerne abends essen, erkunden für ein paar Stunden den Ort und bringen Wertschöpfung – selbst auf dem Weg in den Süden.
Camping-Potenzial noch nicht erkannt
Noch hat der Tourismus in Kärnten dieses Gästepotenzial nicht erkannt. Es gibt zwar erste Rast-Stellplätze, doch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Deutschland oder Frankreich hat Österreich Aufholbedarf. Dagmar Gfrerer, eine Rast-Stellplatz-Pionierin, sieht darin eine einfache Möglichkeit, um Durchreisende von der Autobahn herunterzuholen und ihnen Lust auf Urlaub in Kärnten zu machen. Deshalb wünscht sie sich länderübergreifende zeitgemäße Lösungen für Stellplätze. Manche Stellplatz-Nutzer planen spontan um und bleiben, weil es ihnen so gut gefällt. Glamping, Campingplätze am See, Wintercamping, Stellplätze – Campingtourismus wird vielseitiger. „Es braucht daher unterschiedlichste Angebote für unterschiedlichste Campingäste“, bestätigt Campingtourismus-Expertin Kristina Sommer (siehe Interview).
Entwicklungen und Trends
Zwei verschiedene Dinge
„Campingplatz und Stellplatz sind zwei verschiedene Dinge. Wir haben vor Jahren gesehen, dass Österreich bei den Stellplätzen noch weit hinten ist und haben uns intensiv mit dem Thema beschäftigt. Jetzt haben wir unsere Nische gefunden und die Rast-Stellplätze funktionieren sehr gut. Gerne würden wir auch in Stadtnähe, wie in Villach oder Klagenfurt einen Rast-Stellplatz umsetzen.“
Trend ist ungebrochen
„Der Trend zum Camping ist ungebrochen, die Nachfrage im Shop nach Zubehör und Ersatzteilen sehr hoch. Auch das Dachzelt als Einstieg ins Camping ist gefragt. Nur der Verkauf von Neufahrzeugen ist aufgrund der Teuerung und den hohen Zinsen gebremst. Bei Neuwagen ist die Digitalisierung eingezogen, vieles wie die Klimaanlage wird per App gesteuert.“
Campingurlaub ist eine Philosophie
„Campingurlaub ist längst keine Frage des Geldes mehr, sondern eine Philosophie. Nach Corona sind viele Hotelurlauber zu Campingurlaubern geworden und damit ist auch der Anspruch deutlich gestiegen. Zum einen bieten Campingplätze eine unglaubliche Infrastruktur von Wellness bis zur Kinderbetreuung, zum anderen werden auch kleinere Plätze für Camping pur geschätzt.“