„Der Grad der Komplexität im Leben steigt“
Buchautor und Simulationsforscher Niki Popper versucht mithilfe der Mathematik die Welt ein bisschen besser zu erklären.
„Kärntner Wirtschaft“: Die Welt wird immer komplexer. Ist etwas Wahres dran?
Niki Popper: Aus Modellierungssicht wird ein System schwerer zu beschreiben, wenn es mehr Regeln, Einflussfaktoren, Akteure oder Verbindungen zwischen den Akteuren gibt, oder Kombinationen daraus. In der Welt, in der wir leben, geschieht genau das: Die Vernetzung steigt und damit auch der Grad der Komplexität. Wenn man einzelne Teilbereiche von Systemen betrachtet, dann kann man diese vielleicht noch überschauen. Aber je größer das System wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass es darin Rückkopplungseffekte gibt, die zu unerwarteten Effekten führen.
Was passiert, wenn diese Effekte übersehen werden?
Diese sind vor allem bei kurzfristigen Entscheidungen ausschlaggebend für das Systemverhalten – und müssen somit für nachhaltige Entscheidungen und Planungen berücksichtigt werden.
Was machen Sie als Simulationsforscher genau?
Wir beschäftigen uns damit, genau solche komplizierten Systeme besser zu verstehen. Und dabei helfen uns Methoden aus der Mathematik.
Das Leben ist kompliziert, man kann damit hadern oder es spannend finden.
Niki Popper
SimulationsforscherWoher kommt die Liebe zu Mathematik und komplexen Zusammenhängen?
Das Leben ist halt kompliziert, damit kann man hadern oder es spannend finden. Ich habe mich für Zweiteres entschieden. Dann sollte man sich überlegen, wie man damit umgeht. Man kann das dann künstlerisch aufarbeiten oder mit Modellen. Letzteres kann ich eindeutig besser.
Sie sind selbst Unternehmer, wie gehen Sie mit schwierigen Zeiten um?
Ich denke, dass man einerseits mutig sein muss und sich etwas trauen sollte. Out-of-the-Box-Denken ist hilfreich. Aber Unangepasst sein alleine bringt auch nichts. Denn gleichzeitig bedeutet das ja nicht, dass einem alles egal sein darf. Um Modelle bauen zu können, muss man zum Beispiel ziemlich lang studieren, hart arbeiten und auch sehr gut darin werden, empathisch die modellierten Systeme und deren Insassen zu erfassen. Man sollte also die eierlegende Modelliererwollmilchsau sein, woran man natürlich immer scheitert – aber man muss es immer weiter versuchen.
- Nikolaus Popper wurde 1974 in Wien geboren. Er studierte Mathematik, Philosophie und Jazztheorie. Sein Doktorstudium absolvierte er an der TU Wien, arbeitete als Wissenschaftsredakteur und Journalist beim ORF und ist Mitbegründer zweier erfolgreicher Unternehmen.
- Er ist Koordinator des Zentrums für „Computational Complex Systems“ (COCOS) an der TU Wien sowie Vorsitzender von DEXHELPP, dem Zentrum für Entscheidungsunterstützung für Gesundheitspolitik und ‑planung.
- In seiner Freizeit widmet er sich gerne dem Kochen und Essen.