Philipp Karch hilft, Ärger und Konflikte besser zu verstehen.
Philipp Karch hilft, Ärger und Konflikte besser zu verstehen. © KK/Georgtedeschi.com
Philipp Karch

„Ärger kann auch zur Kraft­quel­le wer­den“

Wie Selbstständige besser mit Ärger umgehen, erklärt Coach, Buchautor und Trainer Philipp Karch.

19.01.2025 15:44 von Anita Arneitz
Lesezeit 5 Minuten

Über sich selbst, die Kun­den oder die Welt: Wir kön­nen uns über vie­les ärgern, müs­sen es aber nicht. Coach und Trai­ner Phil­ipp Karch erklärt im Inter­view, wie Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer bes­ser mit Ärger umge­hen kön­nen.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: War­um ärgern wir uns im All­tag oft über ande­re?

Phil­ipp Karch: Das liegt an unse­ren uner­füll­ten Erwar­tun­gen. Wir alle haben so einen Ruck­sack vol­ler Erwar­tun­gen und Vor­stel­lun­gen, was ande­re tun und las­sen soll­ten. Aber immer dann, wenn mein Gegen­über etwas ande­res tut als ich es erwar­tet habe, kommt eine Ent­täu­schung. Und die­se Ent­täu­schung führt zur Emo­ti­on Ärger. Ich kann mich über mein Gegen­über ärgern oder auch über mich, weil ich mei­ne Zie­le nicht erreicht habe.

Manch­mal ärgert man sich auch, weil man sich ärgert?

Rich­tig, das ist für Fort­ge­schrit­te­ne oder der ers­te Schritt zur Bes­se­rung. Ich ärge­re mich, dass ich mich ärge­re und habe dann plötz­lich ein Motiv, mich weni­ger zu ärgern. Wenn wir uns die Ärger­quel­len im All­tag anse­hen, dann bringt der Ärger in 90 Pro­zent der Fäl­le nichts. Der Ärger ist nur ein Indiz, dass etwas nicht stimmt. Dar­aus kann auch eine Kraft­quel­le wer­den. Des­halb unter­schei­de ich zwi­schen güns­ti­gem und ungüns­ti­gem Ärger.

Was wäre so ein ungüns­ti­ger Ärger?

Wenn man zum Bei­spiel in einem Mee­ting unter­bro­chen wird, sich ärgert, aber nichts sagt. Der glei­che Ärger kann güns­tig sein, wenn er hilft, sich zu weh­ren und den Ärger aus­zu­spre­chen. Dann hat der Ärger eine Funk­ti­on, die viel­leicht hilft mehr Wahr­neh­mung und Wert­schät­zung zu bekom­men.

Wie wird man den Ärger wie­der los?

Die drei L kön­nen hel­fen: Liqui­da­te it, Love it, Lea­ve it. Nein sagen oder Gren­zen set­zen, ist eine Stra­te­gie. Din­ge, die sich nicht ändern las­sen, akzep­tie­ren und lie­ben. Oder weg­ge­hen.

Wenn ich mich über jeman­den ärge­re, dann ist das mein Arschen­gel, von dem ich über mich ler­nen kann.Zitat Ende

Phil­ipp Karch

Coach, Trai­ner und Buch­au­tor

Kon­flik­te mit Kun­den sind für vie­le Selbst­stän­di­ge ein Hor­ror­sze­na­rio. Wie geht man damit um?

Immer wenn ich einen Kon­flikt habe, ärge­re ich mich. Der Kon­flikt ist das Abs­trak­te, der Ärger das Kon­kre­te. Mit Kun­den wür­de ich stark auf Prä­ven­ti­on set­zen. Wie ver­hal­te ich mich im Vor­feld, damit es erst gar nicht zu einem Kon­flikt kommt? Zum Bei­spiel die Auf­trags­klä­rung mit smar­ten Zie­len und einem Per­spek­ti­ven­wech­sel, was braucht der Kun­de wirk­lich? Hier kann man zwi­schen Stra­te­gien und Bedürf­nis­sen unter­schei­den. Stra­te­gien sind im Außen sicht­bar, also ein Auto oder eine Dienst­leis­tung. Aber dahin­ter steht ein Bedürf­nis des Kun­den. Prä­ven­tiv wäre außer­dem recht­zei­tig Gren­zen zu set­zen. Als Selbst­stän­di­ger weiß ich, wie schwer es manch­mal ist früh­zei­tig Nein zu sagen.

Aller­dings wird nicht aus jedem Kon­flikt­an­ge­bot tat­säch­lich ein Kon­flikt?

Wenn zum Bei­spiel jemand bei einem Mee­ting die Augen ver­dreht, ist das noch kein Kon­flikt, son­dern erst mal nur ein Kon­flikt­an­ge­bot. Ob dar­aus ein Kon­flikt wird, liegt an mir und wie viel Macht ich dem ande­ren gebe. Man könn­te so reagie­ren: Sie haben gera­de die Augen ver­dreht. Was mei­nen Sie damit? Durch ein­fa­ches Nach­fra­gen kann man vie­le Kon­flik­te ein­fach im Kern ersti­cken oder auf­lö­sen. Das funk­tio­niert aber nur ohne Unter­stel­lung.

Wie trai­niert man die eige­ne Anti-Ärger-Stra­te­gie?

Wenn ich mich über jeman­den ärge­re, dann ist das mein Arsch­engel, ein Begriff von Robert Betz. Ich kann von dem Arsch etwas ler­nen, also wird er zum Engel. War­um füh­le ich so? Was habe ich bewer­tet? Damit kommt man sich selbst und dem Ärger auf die Schli­che. Grund­sätz­lich brau­chen wir ein völ­lig neu­es Mit­ein­an­der auf Augen­hö­he, um Unter­neh­men wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und neu zu den­ken.

Zur Per­son
  • Phil­ipp Karch, gebo­ren 1972 in Deutsch­land, stu­dier­te Land­schafts­öko­lo­gie in Müns­ter und Envi­ro­m­en­tal Stu­dies in Los Ange­les.
  • Nach dem Stu­di­um sam­mel­te ver­schie­de­ne Berufs­er­fah­run­gen. Er mach­te sich 2010 selbst­stän­dig und lei­te­te Füh­rungs­kräf­te­trai­nings.
  • Ab 2022 spe­zia­li­sier­te er sich auf schwie­ri­ge Gesprächs­si­tua­tio­nen. 
  • Im Busi­ness­Vil­la­ge Ver­lag erschien dazu sein Buch „Was mich ärgert, ent­schei­de ich“. Inzwi­schen gibt es dazu eine eige­ne App und Online­kur­se.
  • Lan­ge Spa­zier­gän­ge, Fuß­ball und Schach sind die Hob­bys vom Coach, Trai­ner und Spea­k­er.
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