Martin Reichard hat ein Händchen für Schuhe und legt höchsten Wert auf Präzisionsarbeit.
Martin Reichard hat ein Händchen für Schuhe und legt höchsten Wert auf Präzisionsarbeit. © KW/Blasi
Martin Reichard

1000 Ham­mer­schlä­ge bis zum per­fek­ten Schuh

Als „Schuhdoktor“ ist Martin Reichard in Klagenfurt bekannt.

11.12.2024 08:59 von Claudia Blasi
Lesezeit 3 Minuten

Schon als Kind war Mar­tin Rei­chard vom Hand­werk des Schuh­ma­chers begeis­tert. Sein Vater hat die­sen Beruf eine Zeit lang aus­ge­übt und der Sohn war beim Löten, Kle­ben, Häm­mern und Klop­fen stets an sei­ner Sei­te. Was folg­te, war eine Leh­re als Ortho­pä­die-Schuh­ma­cher. Beim Sani­täts­haus Rana­cher sam­mel­te er jah­re­lang Berufs­er­fah­rung, bis im Juli 2022 der Ent­schluss fiel, sich selbst­stän­dig zu machen. „Ich habe schon län­ger mit dem Gedan­ken gespielt, aber in der Auf­bruch­stim­mung nach Coro­na habe ich es dann ris­kiert. Was soll schon pas­sie­ren?“, erin­nert sich Rei­chard zurück.

Kein ein­fa­cher Start in die Selbst­stän­dig­keit

Nur mehr weni­ge Schuh­ma­cher gibt es in der Lan­des­haupt­stadt. Kärn­ten­weit sind aktu­ell vier Lehr­lin­ge in Aus­bil­dung und es wer­de jenen, die den Schritt in die Selbst­stän­dig­keit wagen, nicht leicht gemacht: „Ich bin seit 20 Jah­ren im Beruf und wuss­te genau, wie ich mir das vor­stel­le, aber mit der gan­zen Büro­kra­tie wer­den einem nur Stei­ne in den Weg gelegt“, erzählt der Schuh­dok­tor.

Alles ist mög­lich

In der Kauf­mann­gas­se 3 neben dem Bene­dik­ti­ner Platz repa­riert er in einem 300 Jah­re alten Haus, Schu­he, Taschen, Kof­fer und Hül­len aus Leder. Aber auch Sat­tel und Geschirr für Pfer­de oder Lei­nen für Hun­de sind kein Pro­blem. Das wert­volls­te waren bis­her hand­ge­fer­tig­te Schu­he im Wert von 3000 Euro, die eine Repa­ra­tur erfor­der­ten. Im Grun­de ist alles mög­lich, in vie­len Fäl­len sei es aber eine Kos­ten­fra­ge: „Wenn ein neu­er Schuh fast bil­li­ger als die Repa­ra­tur ist, dann über­le­gen sich das vie­le. Doch die Füße tra­gen uns durch unser gan­zes Leben, man soll­te ihnen mit dem Schuh­werk etwas Gutes tun.“

© KW/Blasi

Da der Trend in Rich­tung Nach­hal­tig­keit geht, wer­den die Auf­trä­ge mehr. Neben Pri­va­ten zäh­len das Stadt­thea­ter oder Schuh­häu­ser aus Kla­gen­furt zu sei­nen Kun­den. Jedes Paar wird wie gewünscht in Form gebracht, auf­be­rei­tet und imprä­gniert. Das Arbei­ten mit Leder und der unver­kenn­ba­re Geruch sind die gro­ße Lei­den­schaft des 36-Jäh­ri­gen.

Zwei Mona­te pro Schuh

Selbst besitzt der Jungunter­neh­mer nur fünf Paar Schu­he, Motor­rad­stie­fel inklu­si­ve. Die­se braucht er für aus­gie­bi­ge Spritz­tou­ren mit sei­ner Har­ley David­son oder Kawa­sa­ki als Aus­gleich zum Arbeits­all­tag. Auf die Fra­ge, war­um er sich nicht selbst neue Model­le anfer­tigt, kon­tert Rei­chard schmun­zelnd: „Ein Schuh erfor­dert 1000 Ham­mer­schlä­ge, ein Paar somit 2000 und in Sum­me etwa zwei Mona­te Arbeits­zeit – das geht sich neben all den Auf­trä­gen wirk­lich nicht aus.“

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